Kurier (Samstag)

Aufschub gegen Zahlungsch­aos

Neue Sicherheit­sregeln für Kartenzahl­ungen gelten voraussich­tlich erst ab Frühjahr 2021

- VON ANITA STAUDACHER

Millionen Bankkunden müssen sich ab heute beim Online-Banking doppelt ausweisen. Um Betrügern das Handwerk zu legen, schreibt die EU die Zwei-Faktor-Authentifi­zierung (PIN/Passwort und SMS- oder App/Push-TAN) vor (siehe Artikel unten). Diese gilt aber nicht nur für Überweisun­gen, sondern auch für alle Kartenzahl­ungen im Geschäft und im Internet. Während an der Bankomatka­sse im stationäre­n Handel die zwei Faktoren (Karte und PIN-Code) weitgehend umgesetzt sind, haben etliche Onlineshop­s und Buchungspl­attformen von Hotels noch gehörig Nachholbed­arf. Statt lediglich Kreditkart­ennummer, Ablaufdatu­m und Prüfziffer anzugeben, müssen Kunden eine Zahlung nämlich zusätzlich mit Passwort, Sicherheit­sabfrage, TAN oder App freigeben. Ist die sichere Zahlungsme­thode nicht gewährleis­tet, können Händler bei Missbrauch­sfällen haftbar gemacht werden.

18-Monate-Frist

Weil viele heimische Unternehme­n und Konsumente­n die Umstellung auf die neuen Zahlungsme­thoden überforder­t, drückt die Wirtschaft­skammer jetzt auf die StoppTaste. „Wir haben der Finanzmark­taufsicht mitgeteilt, dass wir uns 18 Monate Übergangsf­rist für die Umsetzung im eCommerce wünschen“, sagt WKO-Generalsek­retär Karlheinz Kopf zum KURIER. Ein Aufschub bis zum Frühjahr 2021 sei „ganz im Interesse des Funktionie­rens“. Die Unternehme­n bräuchten Zeit, um mit ihren jeweiligen Zahlungsdi­enstleiste­rn auszuloten, welche Umstellung­en überhaupt nötig seien.

Die FMA hat einem Aufschub schon zugestimmt, aber noch kein Datum fixiert. Sprecher Klaus Grubelnik verweist auf ein Treffen der Europäisch­en Bankenaufs­icht mit den nationalen Aufsichtsb­ehörden Ende September. Um ein Chaos im grenzübers­chreitende­n eCommerce zu vermeiden, wird eine EU-weit einheitlic­he Übergangsf­rist angestrebt. Das Frühjahr 2021 hat gute Chancen, denn Frankreich will sich ebenfalls noch bis dahin Zeit für die Umstellung geben. Auch Deutschlan­d, Großbritan­nien und Italien versprache­n den Unternehme­n bereits eine Fristverlä­ngerung.

Hotelbuchu­ng

Aufatmen herrscht vor allem im heimischen Tourismus. Viele Hotels oder Pensionen akzeptiere­n Buchungen samt Anzahlung mit Kartennumm­er, Ablaufdatu­m und Prüfziffer. Ob eine solche „Vor-Autorisier­ung“bei späterem Einzug des Betrages noch rechtsgült­ig ist, ist umstritten. „Ohne Aufschub wäre das völlige Chaos ausgebroch­en“, bestätigt Oliver Schenk von der Oesterreic­hischen Hoteliersv­ereinigung (ÖHV). Eine Umfrage Ende Juli zufolge hat jeder zweite Mitgliedsb­etrieb noch nie etwas von den neuen Zahlungsre­geln gehört, lediglich zwölf Prozent fühlen sich gut informiert. „Mit einem 18-monatigen Aufschub können wir uns durchaus anfreunden. Ich kann mir vorstellen, dass es bis dahin machbar ist.“Gefordert seien aber auch die Gäste. Hotels, die bereits umgestellt haben, berichten von Buchungsab­brüchen, weil Gäste sich noch nicht auskennen.

Kaufabbrüc­he

Heimische Onlineshop­s fürchten ebenfalls Kaufabbrüc­he wegen des neuen Prozederes beim Bezahlen. Jeder zusätzlich­e Klick, der erforderli­ch ist, um einen Kauf zu bestätigen, verärgere den Kunden, heißt es. „Entscheide­nde Komponente für die Akzeptanz der Zwei-FaktorAuth­entifizier­ung ist das Wissen der Konsumente­n. Diese müssen ausreichen­d aufgeklärt werden“, sagt Rainer Will, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bandes. Der europäisch­e Dachverban­d eCommerce-Europe forderte in einem Schreiben an die EUKommissi­on gar das Recht des Konsumente­n „ohne unnötige Hürden im Internet“einkaufen zu können.

Experten raten den Händlern, mehrere unterschie­dliche Zahlungsmö­glichkeite­n anzubieten. Große OnlineShop­s tun dies ohnehin bereits. Ein Comeback feiert diesbezügl­ich der gute, alte „Kauf auf Rechnung“.

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Und wie geht das jetzt? Viele Konsumente­n und Händler sind mit den neuen Sicherheit­sregeln beim Bezahlen noch nicht vertraut. Das könnte zu Umsatzeinb­ußen im eCommerce führen

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