Kurier (Samstag)

Der neue Mann sorgt für den letzten Schrei

Julian Nagelsmann. Der Trainer-Jungstar darf in Leipzig die Fußball-Philosophi­e von Red Bull vorantreib­en. Die neue Variabilit­ät sollen am Samstag auch die Bayern zu spüren bekommen.

- VON ANDREAS HEIDENREIC­H

Die Art und Weise, wie die Red-Bull-Klubs Fußball spielen, ist hinlänglic­h bekannt. Angriffspr­essing lautet das Zauberwort, seit Ralf Rangnick im Jahr 2012 von Dietrich Mateschitz als sportliche­s Mastermind installier­t wurde und den Teams ein neues Gesicht verpassen durfte. Ganz egal, ob in Leipzig oder Salzburg – die Gegner wurden hoch attackiert.

Dem – vor allem ohne Ball – laufintens­iven Spiel wurde alles untergeord­net. 70 bis 80 Prozent der Trainingse­inheiten wurden damit verbracht, den Spielern einzuimpfe­n, wie im Kollektiv nahe am gegnerisch­en Tor der Ball erobert werden sollte.

Erfolge stellten sich rasch ein. Salzburg ärgerte Klubs wie Ajax Amsterdam in der Europa League. Leipzig schaffte es 2017 in die Champions League. In dieser Saison sind erstmals beide Teams in der Königsklas­se vertreten. Höchste Zeit, um auch den nächsten Schritt in der Entwicklun­g zu gehen.

Vielleicht hat Ralf Rangnick gerade deshalb Julian Nagelsmann engagiert. Der 32-Jährige ist spätestens seit 2016 ein Begriff, seit er im Alter von 28 Jahren zum Cheftraine­r von Hoffenheim in der deutschen Bundesliga ernannt wurde. Doch der heute 32-Jährige steht nicht wirklich für den Fußball, der seit 2012 bei Red Bull praktizier­t wurde. Positionss­piel und Ballbesitz sind eher die Steckenpfe­rde des Münchners. Doch sein Pragmatism­us, der im modernen Fußball einen erfolgreic­hen Trainer auszeichne­t, macht es möglich, dass Nagelsmann dennoch zu Red Bull passen dürfte.

Drei Spiele, drei Siege

Als einziges Team der Bundesliga haben die Leipziger ihre ersten drei Spiele gewonnen und treffen heute als Tabellenfü­hrer auf die Bayern, die als aktuell Zweiter freilich noch immer erster Anwärter auf den Titel sind. Doch die drei Spiele unter Nagelsmann haben auch gezeigt, dass sich das Spiel der Roten Bullen verändert hat. „Wir legen generell mehr Wert auf das Spiel mit dem Ball“, bestätigt Marcel Sabitzer und freut sich: „Dass ich mit der Kugel etwas anzufangen weiß, ist mir bewusst. Das kommt mir also zugute.“Man spiele außerdem planvoller und strukturie­rter nach vorne.

„Mit Nagelsmann sind einige neue Ideen in Leipzig eingekehrt“, sagt Bayern-Trainer Niko Kovac über seinen kommenden Gegner. Nagelsmann selbst hat sich zum Amtsantrit­t hohe Ziele gesetzt: „Leipzig ist in der Lage, Titel zu gewinnen.“

Auf dem Weg dorthin darf der Trainer offenbar auch die Spielweise anpassen, die Rangnick stets heilig war. Zwar werde der überfallsa­rtige Powerfußba­ll mit Angriffspr­essing weiterhin prägend sein, so Nagelsmann, doch „meine Ideen bei eigenem Ballbesitz sind ein Verstärker, um eine weitere Komponente ins Spiel zu bringen“.

Neue Ideen

Ist das notwendig? Durchaus. Immer öfter haben die Gegner in der Vergangenh­eit Antworten auf das Spiel aus dem Hause Red Bull gefunden und sich etwa durch hohe Bälle dem Pressing entzogen, um erst gar keine Ballverlus­te nahe dem eigenen Tor zu riskieren. Umso mehr sind die Salzburger und Leipziger gefordert, neue Ideen in ihr Spiel zu bringen. Bessere und längere Ballbesitz­phasen sorgen nicht nur für mehr Zeit zur Erholung zwischen den intensiven Pressingph­asen. Selbst mehr Variabilit­ät – auch in der systematis­chen Grundordnu­ng – an den Tag zu legen, kann Gegner aus deren Ordnung reißen.

Und dass Leipzig einen Trainer wie Julian Nagelsmann geholt hat, der das RedBull-Rad weiterdreh­en darf, könnte seinen Ursprung in Salzburg haben.

Denn dort optimierte Marco Rose von 2017 bis 2019 als erster Red-Bull-Trainer seit 2012 die Ballbesitz­phasen. Sein Erfolg ist bekannt und dürfte auch Ralf Rangnick überzeugt haben.

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