Wenn Maschinen musizieren
Magenta Project. Google-Forscher Douglas Eck über den Wert künstlich erzeugter Musik
Von Beethoven über Elvis bis hin zu den Beatles: Ohne menschliche Kreativität wären Musik und Kunst nicht möglich. Seit einiger Zeit mischt aber auch künstliche Intelligenz (KI) mit und generiert anhand mathematischer Formeln Rhythmen, Töne und Strukturen. Für viele passen Kreativität und künstliche Intelligenz allerdings wenig zusammen.
Google-Forscher und Hobbypianist Douglas Eck sieht das anders. Im Zuge seines Österreich-Besuchs zum Ars Electronica Festival 2019 hat er mit dem KURIER über neue Ansätze der Musik- und Kunsterzeugung gesprochen.
Mix von Code und Ton
Seit rund zehn Jahren arbeitet Eck als KI-Forscher für den Suchmaschinen-Giganten und leitet dort das „Magenta Project“. Bei diesem werden mittels künstlicher Intelligenz Musik und Bilder erzeugt. Das Prinzip ist menschengemacht: Wie auch große Künstler ältere Werke transformiert und neu umgesetzt haben, so erzeugt auch KI neue Werke aus bestehenden. Das nächste Pink Floyd-Album könnte also in fernerer Zukunft schon künstlich erzeugt sein. Derzeit kratze man mit dem aktuellen technologischen Stand aber noch an der Oberfläche, so Eck.
Neu ist die Technologie zwar nicht, „Magenta ist aber eines der ersten neuronalen Netzwerke, das Künstler und Programmierer zusammenbringt“, sagt der Experte. Das quelloffene Projekt soll Künstlern neue Wege zur Musik bieten, so wie es mithilfe der ersten elektronischen Instrumente der Fall war.
Neues schaffen
Eck erinnert sich dabei an den Drum-Computer: „Als er auf den Markt kam, war ich ein Teenager. Ich war großer Hard-Rock-Fan und dachte: ,Das ist eine Katastrophe‘. Als ich älter war, kamen New Order, Joy Division und Hip Hop. Ich dachte: ,Wow! Jemand hat den blöden Trommel-Synthesizer genommen und etwas sehr Interessantes und gänzlich Neues gemacht.‘ Die Schlagzeuger wurden nicht ersetzt.“
Mit Algorithmen spielen
Entscheidend sei der Spielund Spaßfaktor: „Wir haben sehr viel darüber gelernt, wie Menschen auf Maschinelles Lernen (ML) reagieren und wie sie damit spielen können“, sagt er. Die künstliche Intelligenz fungiert dabei lediglich als zusätzliche Informationsquelle. Denn: „Menschen sind kreativ – Maschinen nicht“, sagt Eck.
Und doch drängt sich die Frage auf, ob unsere Kreativität unter dem Einsatz von maschinellem Lernen nicht eher leidet, anstatt angespornt zu werden, schließlich lässt man die Maschine einfach machen. „Ich denke nicht. Es gibt einen Punkt A, bei dem man beginnt und einen Punkt Z, zu dem man kommen muss. Man arbeitet so lange, bis man da hingelangt. Man hat daher immer noch das Gefühl, etwas Kreatives geschaffen zu haben.“
Neue Ausdruckskraft
Der Vorteil solcher Technologien: Sie ermöglichen neue Ausdruckskraft, indem sie Menschen Aufgaben abnehmen. „Vor der Filmkamera beispielsweise hat es jede Menge Arbeit gekostet, einen Raum bildlich einzufangen – man musste ein sehr guter Maler sein. Man könnte denken, die Kamera hat uns faul gemacht, doch das hat sie nicht. Technologie eröffnet eher viele neue Wege, die es davor nicht gegeben hat“, so Eck. Und wer ist der Künstler? Der Nutzer des Algorithmus, die Wissenschafter, die ihn entwickelt haben oder gar die Maschine? Laut Eck sind es alle Beteiligten – „wie in einer akademischen Publikation, in der alle Autoren Teil des Ganzen sind.“