Kurier (Samstag)

Wenn Maschinen musizieren

Magenta Project. Google-Forscher Douglas Eck über den Wert künstlich erzeugter Musik

- VON ANDREEA IOSA

Von Beethoven über Elvis bis hin zu den Beatles: Ohne menschlich­e Kreativitä­t wären Musik und Kunst nicht möglich. Seit einiger Zeit mischt aber auch künstliche Intelligen­z (KI) mit und generiert anhand mathematis­cher Formeln Rhythmen, Töne und Strukturen. Für viele passen Kreativitä­t und künstliche Intelligen­z allerdings wenig zusammen.

Google-Forscher und Hobbypiani­st Douglas Eck sieht das anders. Im Zuge seines Österreich-Besuchs zum Ars Electronic­a Festival 2019 hat er mit dem KURIER über neue Ansätze der Musik- und Kunsterzeu­gung gesprochen.

Mix von Code und Ton

Seit rund zehn Jahren arbeitet Eck als KI-Forscher für den Suchmaschi­nen-Giganten und leitet dort das „Magenta Project“. Bei diesem werden mittels künstliche­r Intelligen­z Musik und Bilder erzeugt. Das Prinzip ist menschenge­macht: Wie auch große Künstler ältere Werke transformi­ert und neu umgesetzt haben, so erzeugt auch KI neue Werke aus bestehende­n. Das nächste Pink Floyd-Album könnte also in fernerer Zukunft schon künstlich erzeugt sein. Derzeit kratze man mit dem aktuellen technologi­schen Stand aber noch an der Oberfläche, so Eck.

Neu ist die Technologi­e zwar nicht, „Magenta ist aber eines der ersten neuronalen Netzwerke, das Künstler und Programmie­rer zusammenbr­ingt“, sagt der Experte. Das quelloffen­e Projekt soll Künstlern neue Wege zur Musik bieten, so wie es mithilfe der ersten elektronis­chen Instrument­e der Fall war.

Neues schaffen

Eck erinnert sich dabei an den Drum-Computer: „Als er auf den Markt kam, war ich ein Teenager. Ich war großer Hard-Rock-Fan und dachte: ,Das ist eine Katastroph­e‘. Als ich älter war, kamen New Order, Joy Division und Hip Hop. Ich dachte: ,Wow! Jemand hat den blöden Trommel-Synthesize­r genommen und etwas sehr Interessan­tes und gänzlich Neues gemacht.‘ Die Schlagzeug­er wurden nicht ersetzt.“

Mit Algorithme­n spielen

Entscheide­nd sei der Spielund Spaßfaktor: „Wir haben sehr viel darüber gelernt, wie Menschen auf Maschinell­es Lernen (ML) reagieren und wie sie damit spielen können“, sagt er. Die künstliche Intelligen­z fungiert dabei lediglich als zusätzlich­e Informatio­nsquelle. Denn: „Menschen sind kreativ – Maschinen nicht“, sagt Eck.

Und doch drängt sich die Frage auf, ob unsere Kreativitä­t unter dem Einsatz von maschinell­em Lernen nicht eher leidet, anstatt angespornt zu werden, schließlic­h lässt man die Maschine einfach machen. „Ich denke nicht. Es gibt einen Punkt A, bei dem man beginnt und einen Punkt Z, zu dem man kommen muss. Man arbeitet so lange, bis man da hingelangt. Man hat daher immer noch das Gefühl, etwas Kreatives geschaffen zu haben.“

Neue Ausdrucksk­raft

Der Vorteil solcher Technologi­en: Sie ermögliche­n neue Ausdrucksk­raft, indem sie Menschen Aufgaben abnehmen. „Vor der Filmkamera beispielsw­eise hat es jede Menge Arbeit gekostet, einen Raum bildlich einzufange­n – man musste ein sehr guter Maler sein. Man könnte denken, die Kamera hat uns faul gemacht, doch das hat sie nicht. Technologi­e eröffnet eher viele neue Wege, die es davor nicht gegeben hat“, so Eck. Und wer ist der Künstler? Der Nutzer des Algorithmu­s, die Wissenscha­fter, die ihn entwickelt haben oder gar die Maschine? Laut Eck sind es alle Beteiligte­n – „wie in einer akademisch­en Publikatio­n, in der alle Autoren Teil des Ganzen sind.“

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Wer ist der Komponist des musikalisc­hen Kunstwerks: Die künstliche Intelligen­z, die Wissenscha­fter, die sie mit Daten gefüttert haben, oder der Nutzer des Algorithmu­s?

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