Kurier (Samstag)

Sind wir so, wie wir auf Facebook sind?

Eine Satire ohne Spott, eine Antwort auf Karoline Edtstadler

- P.PISA

Hat Karoline Edtstadler das wirklich gesagt? Zitiert wird die damalige Staatssekr­etärin im Innenminis­terium wie folgt, 7.Februar 2018:

„Das Internet und Facebook spiegeln schon die Stimmung in der Gesellscha­ft wider. Und die Justiz funktionie­rt am besten, wenn die Urteile auf große Akzeptanz in der Bevölkerun­g stoßen.“

Wenn sie das gesagt hat, dann ist „Die Hinrichtun­g des Martin P.“nahezu ein Muss. Dann muss man Klaus Oppitz folgen, auch wenn er böser hätte sein können. Wollte er aber nicht. Auch wenn er bei dieser Gelegenhei­t noch tiefer hätte graben können bis zu den vielen Monstern, die unten lauern. Wollte er aber nicht. Denn es sind ja bloß „wir“, um die es geht. Keine Monster. Nur „wir“.

Verfassung­sänderung

Von einem aktuellen Fall animiert, spielt Oppitz durch, wohin die Reise geht.

Ein 16-Jähriger schneidet mit dem Küchenmess­er einer Siebenjähr­igen aus der Nachbarsch­aft die Kehle durch. Die Familien des Opfers und des Täters stammen aus Tschetsche­nien.

In den Internetfo­ren wird daraufhin gegen Ausländer gehetzt und die Todesstraf­e für den Schüler gefordert. Ein Mann schreibt nach zwei Flaschen Wein auf Facebook: „Gebt mir sein Messer und ich schlachte ihn genauso ab ...“

Da meldet sich eine neue Sektion des Justizmini­steriums. Es gebe eine Änderung in den Verfassung­sgesetzen, nun hört man mehr aufs Volk – Pietsch soll umsetzen, was er in seinem Posting ankündigte. Er bekommt Geld und einen Job. Denn er ist arbeitslos zurzeit. Da unterschre­ibt er den Vertrag und wird ins Gefängnis gebracht, wo man ihm das Messer gibt ...

Dazwischen lernt man Martin Pietsch besser kennen. Er ist kein interessan­ter Typ. Dass er bereit zur Hinrichtun­g ist, ist seine eigene Hinrichtun­g als Mensch.

Oppitz textet die TV-Satire „Wir sind Kaiser“. Sein Roman ist Satire ohne Spott. Sie prangert nicht einmal an, sie will wissen: Sind wir so, wie wir uns im Internet geben?

Denken wäre nicht schlecht, bevor man etwas sagt bzw. schreibt. Gilt sogar für Politiker.

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Schreibt für Robert Palfraders Kaiser-Show: Klaus Oppitz aus Wels
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Klaus Oppitz: „Die Hinrichtun­g des Martin P.“Verlag Kremayr und Scheriau. 192 Seiten. 22 Euro. KURIER-Wertung:

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