„Boden ist begrenzt“
Renate Hammer von der Plattform Baukulturpolitik erklärt, was gegen die Abwanderung der Jungen am Land hilft, wie der Flächenverbrauch verringert werden kann und was Schönheit mit Erziehung zu tun hat. »
KURIER: Frau Hammer, Sie beschäftigen sich schon lange mit guter Baukultur. Woran lässt sich diese messen? Renate Hammer:
Im Baukulturbeirat im Bundeskanzleramt haben wir dafür eine konkrete Definition: Gute Baukultur hält gesund, ist nachhaltig und ressourcenschonend, sozial, integrativ, stiftet Identität und ist schön.
In einem Punkt ist Österreich besonders gut: Es gibt keine Wohn-Ghettos wie in anderen Ländern. Sehen Sie das auch so?
Innerhalb der Städte trifft das tendenziell zu. Dort ist die soziale Durchmischung vielerorts gut gelungen. Wir sehen aber eine Segregation entlang der Bruchlinie Stadt und Land, die zunehmend auch eine Bruchlinie zwischen Jung und Alt ist. In schrumpfenden Regionen bleiben die älteren Menschen zurück und junge Erwerbstätige ziehen weg. Diese Entwicklung hat sehr viel damit zu tun, was und wie wir bauen.
Wie müsste gebaut werden, damit die Jungen am Land bleiben oder dorthin zurückkehren?
Was wir aus der Geschichte lernen können ist, dass schnellere Straßen nur kurzfristig helfen. Für die erste Pendler-Generation ist die schnelle Autoverbindung in die Stadt von Vorteil. Für die zweite Generation trifft das nicht mehr zu. Wenn die Qualität vor Ort nicht stimmt, dann sind diese Menschen weg und haben keine Lust mehr, am Land zu wohnen. Wenn Ortskerne leer stehen, wird es sehr schwer. Es braucht schon kreativere Konzepte, um Junge am Land zu halten oder sie zurück zu holen.
Sind es nicht günstige Baugrundstücke, die Zuzug fördern?
Das ist derzeit der gängige Mechanismus. Gemeinden versuchen, Bewohner über günstige Grundstücke zu halten oder neu zu bekommen. Damit sichern sie ihre Finanzierung ab, weil Zuwendungen aus dem Finanzausgleich nach Einwohnerzahl vergeben werden. Die Menschen verwirklichen sich dann ihren Traum – und dieser ist nach wie vor oft das neu gebaute Einfamilienhaus. Es gibt allerdings auch die Gruppe von Menschen, die länger in der Stadt gelebt hat und aufs Land will. Allerdings kaum in ein sanierungsbedürftiges Einfamilienhaus aus den 1970er oder 80er Jahren.
Welche Immobilien suchen Stadtmenschen am Land?
Diese Leute suchen die Qualität eines schönen Orts, ein altes Bauernhaus, ein ehemaliges Geschäftshaus am Platz. Einfamilienhaussiedlungen, die nach freiem Geschmack der jeweiligen Generation errichtet wurden, interessieren da kaum. 30 Jahre nach deren Errichtung wohnen hier oft die