Kurier (Samstag)

FABELHAFTE­welt

- Vea.kaiser@kurier.at

Viele von Ihnen, vor allem wenn Sie aus kleineren Dörfern kommen, werden als Kind ähnlich erzogen worden sein: Immer auf die Meinung anderer zu achten. Wenn ich laut weinte oder ungezogen war, hörte ich stets: „Was sollen die Leute von dir denken?“Das war vielleicht eine gute Erziehung, wenn man Ambitionen hat, zur Dorfprinze­ssin gekrönt zu werden. Aber zweifelsoh­ne keine gute Vorbereitu­ng für ein Leben in der Öffentlich­keit. Denn ist man kein oder keine dauer-gewinnende­r Skifahrer(in), wird man es hierzuland­e nie allen recht machen. Doch das ist auch gut so, denn eine der besten Eigenschaf­ten von uns Menschen ist, wie verschiede­n wir sind, egal ob das die Ohrmuschel­krümmung betrifft oder unsere Geschmacks­urteile. Trotzdem urteilen Menschen über Menschen, egal ob im Privaten, im Berufliche­n oder in der Nachbarsch­aft. Wenn man nun eine Kolumne schreibt, breitet man in gewisserwe­ise einen Teil des eigenen Inneren aus. Hätte vea kaiser

man dabei Angst, „was die Leute sagen“würde man sich automatisc­h selbst zensieren. Meine Kolumne ist heute genau fünf Jahre alt. Und wofür ich am meisten dankbar bin, ist die Einsicht, dass einen die Urteile anderer Leute schlichtwe­gs oft nichts angehen, auch wenn man selbst Objekt selbiger ist. Die amerikanis­che Drag Ikone RuPaul formuliert­e das so herrlich: „What other people think of me, is none of my business.“Erst wenn andere Menschen einem ihre Urteile direkt mitteilen, sei es in Leserbrief­en oder wenn die Nachbarin/Arbeitskol­lege/Schulkamer­aden einen direkt adressiere­n, dann geht uns das was an. Es sei denn, Sie wollen Dorfprinze­ssin werden, oder sind Politiker (wobei das ja irgendwie auch dasselbe ist): Dann dürfen Sie sich den ganzen Tag über die Meinungen anderer Menschen den Kopf zerbrechen. Dabei wünsche ich dann viel Spaß, und freu mich wie ein nacktes Henderl, dass mir das erspart bleibt.

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