Umstrittene Entscheidung
EZB-Chef Mario Draghi stößt mit der Zinssenkung auf viel Kritik.
Österreichs neuer Notenbank-Chef Robert Holzmann ist ebenso wie sein niederländischer Amtkollege Klaas Knot und Jens Weidmann aus Deutschland mit den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht einverstanden. Die EZB hatte am Donnerstag beschlossen, die Zinsen weiter ins Minus zu treiben und über die Neuauflage der Anleihenkäufe noch mehr Geld in die Märkte zu pumpen.
Die Opposition zu EZBChef Mario Draghis Entscheidungen soll im EZBDirektorium gewichtig gewesen sein, reichte aber offensichtlich nicht, sie zu verhindern. Diese Maßnahmen passten nicht in die aktuelle konjunkturelle Situation, ihre Wirksamkeit sei zu bezweifeln, kritisierte Knot. Die EZB habe „über das Ziel hinausgeschossen“, denn „die wirtschaftliche Lage ist nicht wirklich schlecht“, so Weidmann. Holzmann sagte, er hoffe, dass die neue EZBChefin die Entscheidung im Frühjahr revidieren werde. Was notwendig wäre, um die Wirtschaft in Europa in Schwung zu halten, ist für einige Ökonomen klar.
Staatsausgaben nötig
Nicht die EZB, sondern die Staaten seien jetzt am Zug, sind sie überzeugt. Denn: „Der wahre Fehler liegt bei den fehlenden fiskalischen Impulsen“, betont Stefan Bruckbauer, Chefökonom der Bank Austria. Fiskalpolitik wären Steueränderungen oder Staatsausgaben. Auch für die Analysten der ING ist klar, dass die EZB-Politik ohne fiskalpolitische Unterstützung nicht wirke.
Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International, meint dagegen, die Regierungen sollten die Strukturen der Staatshaushalte reformieren. Permanent negative Zinsen aber verhinderten dies. Denn Schuldenmachen koste für Staaten dann nichts mehr, Reformen würden aufgeschoben.