Westbahn kritisiert ÖBB-Förderpaket
Personenverkehr. Nationalrat gibt rund 9,46 Milliarden Euro Steuergeld-Zuschuss für die nächsten zehn Jahre frei
Beim privaten Fernzug-Betreiber Westbahn (17 Garnituren, 400 Mitarbeiter) herrscht helle Aufregung. Am Donnerstag hat der Nationalrat Verkehrsminister Andreas Reichhardt ermächtigt, für die „Subventionierung“des Schienen-Personenverkehrs bis zu 11,02 Milliarden Euro Steuergeld aus dem Bundeshaushalt zu gewähren. Davon entfallen 9,46 Milliarden Euro auf künftige Verkehrsdiensteverträge mit der ÖBB Personenverkehr AG für die nächsten zehn Jahre, der Rest auf Verträge mit fünfzehn Jahren Laufzeit.
Die Westbahn spricht von „Verschwendung, Intransparenz und Falschinformation der Abgeordneten. Eine solche Direktvergabe an die ÖBB ohne jede Berücksichtigung möglicher anderer Anbieter wäre eindeutig gesetzwidrig“, wettert Westbahn-Chef Erich Forster. „Wir werden gegen diese Vergaben rechtliche Schritte ergreifen, weil deren Wirtschaftlichkeit nicht geprüft wurde.“
Die Sache mit den Verkehrsdiensteverträgen ist komplex. Jeder Österreicher legt jährlich im Schnitt 1.435 Kilometer mit der Bahn zurück. Aber abgesehen von der Fernzug-Strecke Wien-SalzTeil burg-Wien, die nicht von der öffentlichen Hand subventioniert wird, greift der Bund für den Fern-, Regional- und Nahverkehr tief in die Tasche.
Denn die Ticketerlöse decken nur ungefähr ein Drittel der Kosten ab. So subventioniert der Bund den Personenverkehr, indem er um 700 Millionen Euro pro Jahr etwa 72 Millionen Kilometer Zugfahrten bei den ÖBB „einkauft“und in einem geringen bei den Privatbahnen. Damit sind gewisse Strecken überhaupt erst zu betreiben. Zu teuer?
Die Vergabe dieser Leistungsverträge erfolgte bisher direkt, ab 2023 müssen Ausschreibungen gemacht werden. Westbahn-Chef Forster beanstandet nicht nur die Direktvergabe und die geplante Vergabedauer auf 15 Jahre. Er behauptet auch, dass diese Verkehrsdiensteverträge teuer sind.
„Etwa drei Milliarden Euro werden zu viel gezahlt“, schätzt Forster. Endgültige Berechnungen kann er nicht anstellen, weil diese Verträge großteils noch gar nicht abgeschlossen sind. Laut Forster würde sich die Westbahn bei etwaigen Ausschreibungen bewerben und günstiger anbieten. Auch sollten die Verträge auf drei bis fünf Jahre zu verkürzt werden. Der Privatbahnchef bevorzugt aber für die Zukunft eine Art Re-Verstaatlichungsmodell: Der Auftraggeber (Bund) sollte die (ÖBB-)Züge für den Personenverkehr kaufen und an den jeweiligen Ausschreibungssieger vermieten.
„Die ÖBB sehen die Direktvergabe als wichtiges und legitimes Mittel, um den öffentlichen Verkehr in Österreich nachhaltig sicherzustellen, insbesondere für strukturschwache Regionen“, sagt ÖBB-Sprecher Robert Lechner.
Auch das Verkehrsministerium versteht die Aufregung nicht: „Die Entscheidungsgrundlagen wurden mit Studien, Gutachten und Benchmarks unter externer Begleitung fundiert erarbeitet. Die gewählte Vorgehensweise beruht auf einer gesamtwirtschaftlichen Beurteilung und wurde durch die Europäische Kommission akzeptiert.“