Kurier (Samstag)

16-Jährige sollen Lkw lenken

Forderung. Junge sollen erst begleitet, später alleine mit 30-Tonnern unterwegs sein

- VON THOMAS PRESSBERGE­R

Die Transportb­ranche kämpft seit Jahren mit einem Fahrermang­el, das Problem wird immer akuter. Die Interessen­svertreter suchen jetzt neue Wege: „Es geht nicht nur um Fachkräfte, sondern generell um Arbeitskrä­fte. Es fehlt an Menschen, die arbeiten können“, sagt Alexander Klacska, Obmann der Bundesspar­te Transport und Verkehr in der Wirtschaft­skammer Österreich. In den kommenden zehn Jahren werde die Branche im Straßengüt­erverkehr 25 bis 30 Prozent ihrer Mitarbeite­r verlieren, weil diese in Pension gehen würden.

Früher seien Fahrer oft in den Beruf „hineingest­olpert“, weil sie Geld brauchten und rasch einen Job finden mussten. Damals hätten das Arbeitsumf­eld und das Gehalt gestimmt, heute sei mehr Qualifikat­ion gefragt. Klacska lässt daher gegenüber dem KURIER mit einer bemerkensw­erten Forderung aufhorchen. „Wir wollen einen zweijährig­en Lehrberuf Truckopera­tor.“

Das bedeutet im Detail: Im ersten Lehrjahr sollen Jugendlich­e mit 16 Jahren den Führersche­in machen können und mit einem erfahrenen Fahrer 30.000 Kilometer zurücklege­n. Mit 17 soll dann – zumindest in Österreich – bereits ein schwerer Lkw gelenkt werden können. Eine EU-weite Ausdehnung wäre wünschensw­ert. Derzeit dürfen in Österreich schwere Lkw ab 18 Jahren gewerblich und mit entspreche­nden Zusatzprüf­ungen gesteuert werden. Klacska hofft, mit der Initiative die angespannt­e Situation bei den Fahrern lösen zu können.

Sebastian Obrecht, Sprecher des Autofahrer­klubs

Arbö, hält von der Forderung nicht viel: „Junge Fahrzeugle­nker sind bei den Unfallzahl­en weit vorne, sie zählen bis zu 24 Jahren zu den Hauptunfal­lverursach­ern.“Sie hinter das Steuer eines 30-Tonners zu setzen, sieht er kritisch. „Es ist die fehlende Erfahrung, die fehlende Übersicht und das zu Ungestüme“, meint Obrecht. Jugendlich­e hätten die Fahrzeuge einfach nicht so gut im Griff wie ältere oder erfahrene Lenker. Das Führersche­inalter herabzuset­zen, sei daher keine gute Lösung.

Weitere Baustellen

Abseits des Fahrermang­els ist Klacska noch mit anderen Herausford­erungen konfrontie­rt. Die digitale Fahrzeugte­chnik entwickle sich rasch weiter, eine entspreche­nde Ausbildung sei auch hier unverzicht­bar. Digitalisi­erung bedeute im Straßengüt­erverkehr Datenausta­usch mit Kunden, Fahrzeugor­tung und Tempokontr­ollen. „Wir wollen nicht, wie derzeit, nur Datenliefe­rant für die Behörden sein, sondern auch profitiere­n“, sagt Klacska. Es wäre für die Branche wichtig, an die Daten zu kommen, doch es fehle eine Standardis­ierung und entspreche­nde Aufbereitu­ng seitens der öffentlich­en Hand.

Mit dem Abbiegeass­istenten ist eine weitere technologi­sche Neuerung in die Fahrerhäus­er eingezogen. „Wegen der hohen Nachfrage ist sie bei 25 Prozent der neuen Fahrzeuge standardge­mäß eingebaut“, sagt Klacska. Für die Nachrüstun­g gebe es viele verschiede­ne Systeme, überzeugen­d seien die meisten aber nicht. Es gebe andere kostengüns­tigere Möglichkei­ten, das Problem zu lösen. In Deutschlan­d seien an Ampeln Zusatzspie­gel angebracht, die den toten Winkel ausleuchte­n. Die Zahl der Unfälle gehe dadurch gegen Null. Außerdem könne man Schutzwege verlegen und Ampelschal­tungen ändern.

Beim Thema Klimawande­l und Dekarbonis­ierung könne die Branche viel beitragen. Eine Möglichkei­t sei die Förderung von flüssiggas­betriebene­n Lkw, indem man sie von der Kilometerm­aut ausnehme. Elektro-Lastwägen sieht Klacska nicht so bald auf der Straße. Diese bräuchten eine so große und schwere Batterie, dass die Lademenge drastisch zurückgehe­n würde und doppelt so viele Lastwägen auf den Straßen unterwegs sein müssten – und das beim akuten Fahrermang­el. Wasserstof­f sei eine realistisc­here Lösung, auch wenn dieser noch unwirtscha­ftlich sei. In Zukunft könnten erneuerbar­e Energieque­llen in der Nacht Strom für die Wasserstof­f-Erzeugung liefern – denn da würden deren Überschüss­e nicht gebraucht.

Zeitproble­m

Beim Thema rollende Landstraße (Lastwägen auf Zügen) sieht Klacska ein Zeitproble­m. Das Auf- und Abladen der Lkw dauere lange und zahle sich bei kurzen Strecken nicht aus. Wenn die rollende Landstraße einen Transport von wenigen Stunden auf einen Tag ausdehne, sei das nicht zielführen­d. Würde sie stattdesse­n das Tempo beschleuni­gen, würde das die Nachfrage steigern.

Die rollende Landstraße würde auf langen, internatio­nalen Strecken funktionie­ren. Sie hat aber nicht in allen Ländern die nötige Unterstütz­ung, weiß Klacska. Manche osteuropäi­schen Regierunge­n würden die Straße gegenüber der Schiene forcieren, weil sie dadurch mehr Mauteinnah­men lukrieren.

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Mit dem Lehrberuf Truckopera­tor sollen junge Nachwuchsf­ahrer gewonnen werden. Verkehrskl­ubs halten das für keine gute Idee
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WKO-Spartenobm­ann Alexander Klacska sucht neue Wege

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