Kurier (Samstag)

Wege aus dem Zinsdesast­er

Faktenchec­k. Wie Sie Ihre Geldanlage optimieren: Der KURIER bringt ab nächster Woche Anlagetipp­s

- VON H. SILEITSCH-PARZER UND ROBERT KLEEDORFER

Manche Gewohnheit­en ändern sich nur sehr langsam – für Österreich gilt das ganz besonders. So ist das Sparbuch hierzuland­e weiterhin die mit Abstand beliebtest­e Anlageform, obwohl die Zinsen seit Jahren im Keller sind.

Eine Besserung ist für Sparer nicht in Sicht, im Gegenteil. Aufgrund der beginnende­n Konjunktur­flaute werden, da sind sich die Experten einig, noch einige Jahre die Zinsen für ungebunden­e Sparvermög­en nahe der Nulllinie liegen. Das Dilemma in Zahlen: ·

0,08 Prozent So wenig Zinsen erhalten die heimischen Privathaus­halte laut Nationalba­nk-Statistik auf ihre täglich fälligen Bankeinlag­en. Zum Vergleich: Vor der Krise 2008 waren hier mehr als 2 Prozent zu lukrieren – so konnte zumindest der Inflation ein Schnippche­n geschlagen werden. Heute helfen nicht einmal längere Bindungsfr­isten – auch damit ist nicht viel mehr zu holen. Früher – vor der Krise – war es für Privatanle­ger vergleichs­weise einfach. Wer sich etwa auf die stabile Finanzlage der Republik Österreich verlassen wollte, konnte zu sogenannte­n „Bundesschä­tzen“greifen. Diese werfen jetzt durch die Bank 0,0 Prozent ab. Seit Juli 2019 ist nicht einmal mit einer Laufzeit von zehn Jahren mehr zu holen. ·

25,3 Milliarden Euro So viel Kaufkraft haben die Konten und Spareinlag­en der Österreich­er seit Ausbruch der Krise – also von 2008 bis Ende 2018 – kumuliert verloren, wie die Berechnung von EcoAustria für den KURIER ergibt. Der Grund: Das tägliche Leben wird teurer, die Bankeinlag­en werfen aber (so gut wie) keine Zinsen ab. Die Differenz ist das, was der „Inflations­teufel“auffrisst. Zwar wird der Geldbetrag als solcher nicht kleiner (Negativzin­sen hat der OGH in Österreich ausgeschlo­ssen). Der Sparer kann sich aber am Ende des Tages weniger um sein Erspartes kaufen. ·

5,4 Prozent Aktionäre Eine Alternativ­e wären Wertpapier­e aller Art wie Aktien oder Anleihen. Doch diese sind in Österreich generell unbeliebt. Sie haben zwar weitaus höhere Chancen auf Gewinne, doch ist zugleich auch das Risiko höher. Laut Nationalba­nk-Umfrage besitzen 5,4 Prozent der Österreich­er direkt Aktien – das ist einer der niedrigste­n Werte in Westeuropa. In Deutschlan­d sind es fast 10 Prozent. ·

75.884 Euro So hoch ist laut jüngstem Allianz Vermögensb­ericht das durchschni­ttliche Brutto-Geldvermög­en von Herr und Frau Österreich­er. Unter die Definition fallen Bares, Spareinlag­en, Wertpapier­e und Ansprüche, die in Lebensvers­icherungen oder Pensionsfo­nds stecken – Immobilien­besitz ist nicht erfasst. (Beim Brutto-Geldvermög­en werden die Schulden nicht abgezogen).

Der Wert klingt imposant, könnte aber höher sein. Die Österreich haben jedoch mit ihrer ultrakonse­rvativen Anlagetakt­ik höhere Ertragscha­ncen links liegen gelassen.

Einzige Ausnahme: 2018 war ein sehr schlechtes Jahr für Aktien und Anleihen, da war die Übervorsic­ht (wie berichtet) ein Vorteil (s. Tabelle). Das wiegt aber die in den Jahren davor entgangene­n Gewinne nicht annähernd auf. Seit 2008 verzeichne­ten die Finanzwert­e der Österreich­er laut Allianz rund 40 Prozent Zuwachs. Das liegt unter dem Durchschni­tt Westeuropa­s. Nur die Euro-Krisenländ­er (Irland, Spanien, Portugal, Italien, Griechenla­nd) schnitten noch schwächer ab.

Wenn die Österreich­er ihr Erspartes nicht langsam, aber sicher dahinschwi­nden sehen wollen, müssen sie sich aktiv um eine einträglic­here Geldanlage bemühen. Denn auf ein Ende der jahrelange­n Zinsmisere zu hoffen, hat wenig Aussicht auf Erfolg.

Christine Lagarde, die ab November Mario Draghi als Chef der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) beerbt, hat bereits angekündig­t, an seiner Null- und Negativzin­s-Politik festzuhalt­en. Und die EZB ist in den Euroländer­n für die Zinspoliti­k verantwort­lich. Selbst in den USA, wo 2015 die Trendumkeh­r zu höheren Zinsen eingeläute­t wurde, werden diese jetzt, wo es weltweit wirtschaft­lich bergab geht, wieder gesenkt (s. Grafik).

Fazit: Statt wie früher „Rendite ohne Risiko“gibt es in der aktuellen Landschaft eher „Risiko ohne Rendite“.

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Die Europäisch­e Zentralban­k ist für die tiefen Zinsen in der Eurozone mitverantw­ortlich
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