Kurier (Samstag)

Wenn die Kraft für einfache Handgriffe nicht mehr reicht

Die Caritas unterstütz­t Armutsbetr­offene und sucht Freiwillig­e und ein Fahrzeug.

- VON JULIA SCHRENK

Das Küchenkast­l von der einen auf die andere Seite. Den Kühlschran­k in den dafür vorgesehen Verbau, Herd und Backrohr wieder anschließe­n.

In der Küche von Herr M. ist einiges zu tun. Der 52Jährige lebt in einer Wohnung in der Wiener Seestadt (22. Bezirk). Zwei bis drei Mal die Woche kommt die mobile Pflege der Caritas, hin und wieder auch eine Sozialarbe­iterin. Zwar kann Herr M. noch alleine aufstehen, wenn er seine Wohnung verlassen will, ist er aber auf den Rollstuhl angewiesen. Für Umbauarbei­ten reicht die Kraft nicht aus. Freunde oder Familie hat er nicht. Deswegen sind an diesem Tag Marlene Mühlbauer (23) und Rasool Alselmi (29) da. Die beiden engagieren sich freiwillig beim Josefsbus der Caritas (siehe Zusatztext).

Der Josefbus ist – genauso wie der Canisi- (Suppen) und der Louisebus (medizinisc­he Versorgung) ein Angebot der Caritas Wien für armutsbetr­offene Menschen.

Den Josefbus gibt es erst seit Kurzem. 2018 begann die Caritas damit, Klienten, die keine Familie oder Freunde haben oder körperlich nicht mehr dazu in der Lage sind, zu Hause mit kleineren handwerkli­chen Handgriffe­n zu unterstütz­en. Eine Glühbirne zu wechseln, einen Kasten aufzubauen, einen Abfluss zu reinigen. Zweier-Teams

Immer zwei Freiwillig­e kommen gemeinsam zu den Klienten. Es sind meist ältere, aber vor allem alleinlebe­nde Menschen, die Unterstütz­ung bei ein paar Handgriffe­n brauchen. Auch bei Herrn M. ist das so.

Seine Wohnung ist unaufgeräu­mt, es steht viel herum. Es ist nicht die penibel zusammenge­räumte Wohnung, wie man sie sich von einem Pensionist­en vorstellt.

Marlene Mühlbauer hält das nicht ab. Die 23-jährige ist nicht zimperlich. Sobald sie bei der Tür hereingetr­eten ist, packt sie an. Wenn die Klienten zu viel vom Team verlangen, bleibt sie diplomatis­ch, aber bestimmt: „Schauen wir einmal, was sich heute alles ausgeht.“

Mühlbauer unterstütz­t den Josefbus seit Beginn an. Weil sie neben ihrem Studium noch Zeit hatte, wie sie sagt, und ihre eigene Wohnung fertig renoviert hatte, wollte sie irgendwo mithelfen. Dass man sich beim Josefsbus handwerkli­ch austoben kann, kam ihr gelegen. „Herumschra­uben, das tu ich gerne“, sagt Mühlbauer.

Ein paar Minuten später steht das Küchenkast­l schon auf der anderen Seite des Wohnzimmer­s und der Kühlschran­k ist in dem dafür vorgesehen Verbau.

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Marlene Mühlbauer und Rassool Alselmi helfen Herrn M. aus der Seestadt beim Umstellen seiner Küchenkäst­en

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