Kurier (Samstag)

Pränataler Bluttest: Was spricht dafür, was dagegen?

PROCONTRA

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Geringeres Risiko In Österreich wird eine invasive Untersuchu­ng des Fruchtwass­ers im Rahmen der Pränataldi­agnostik von den Kassen bezahlt. Dabei wird Fruchtwass­er mit einer Nadel aus der Fruchtblas­e entnommen. So kann zuverlässi­g bestimmt werden, ob ein Kind das Down-Syndrom hat. Die Untersuchu­ng, die zwischen der 14. und 19. Schwangers­chaftswoch­e durchgefüh­rt wird, ist mit erhöhtem Risiko (0,5 bis 2 Prozent) einer Fehlgeburt verbunden. Der nichtinvas­ive Bluttest gilt als risikolos, ist ab der zehnten Schwangers­chaftswoch­e möglich und kann ebenso mit hoher Wahrschein­lichkeit voraussage­n, ob Trisomie 21 vorliegt.

Keine Hinweise

Es gibt derzeit internatio­nal keine Studien, die belegen, dass es durch die Verfügbark­eit des Bestimmung­stests zu mehr Schwangers­chaftsabbr­üchen kommt.

Früherkenn­ung Kinder mit Down-Syndrom haben öfter Herzerkran­kungen – „eine Früherkenn­ung bringt Vorteile für deren Therapie“, sagt Christiane Druml.

Elternrech­te

Die Selbstbest­immung von werdenden Eltern und ihr Wunsch nach Wissen über den Gesundheit­szustand ihres zukünftige­n Kindes sollte respektier­t werden. Sozialer Faktor

Als gesundheit­lich unbedenkli­che Alternativ­e zur Fruchtwass­eruntersuc­hung kann mit dem Bluttest ein für Mutter und Kind risikoreic­herer Eingriff während der Schwangers­chaft verhindert werden. „Davon sollten auch finanziell schlechter gestellte Mütter und Familien profitiere­n können“, sagt Martin Metzenbaue­r.

Kein Zwang

Mit oder ohne Kostenüber­nahme: Niemand muss sein Kind testen lassen. Es gibt ein Recht auf Nichtwisse­n. Eltern unter Druck Gelten Kinder mit Down-Syndrom zunehmend als vermeidbar, könnte dies Eltern unter Druck setzen, sich für eine Abtreibung zu entscheide­n. Martina Kronthaler spricht sich daher für eine erhebliche Ausweitung der ergebnisof­fenen Beratung von werdenden Müttern und Vätern aus: „Es muss eine umfassende psychosozi­ale Betreuung etabliert werden, weil wir wissen, wie schwer es für betroffene Eltern ist, eine etwaige Entscheidu­ng zu treffen und der Druck in dieser Zeit enorm ist.“ Zu wenig Informatio­n „Leider gibt es Ärzte, die sehr einseitig informiere­n“, sagt Sylvia Andrich: „Mein Arzt hat mir nur gesagt, Down-Syndrom ist eine geistige Behinderun­g und wenn ich eine Abtreibung überlege, müsse ich am nächsten Tag zu einer weiterführ­enden Untersuchu­ng kommen.“

Negatives Bild

„In unserer Gesellscha­ft herrscht ein zu negatives Bild des Down-Syndroms“, erklärt Andrich: „Im ersten Schock der Diagnose herrscht dieses dann vor. Aber Ärzte und Gesellscha­ft müssten insgesamt ein realistisc­heres Bild vermitteln, wie bereichern­d die Lebensfreu­de dieser Menschen sein kann – und dass unsere Gesellscha­ft Vielfalt benötigt.“Andrich zufolge wäre es etwa hilfreich, wenn betroffene Paare auf Bildern von Kindern mit Down-Syndrom sehen, „was für lebensfroh­e Menschen das sind“.

Beschränkt­e Debatte Die aktuelle Debatte werde laut Kronthaler „falsch geführt“: „Anstatt sich darauf zu konzentrie­ren, immer genauere Tests zu entwickeln, sollte man in die Unterstütz­ung von Familien, die ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, investiere­n. Um die Familie zu entlasten, einerseits, und um Menschen mit Down-Syndrom langfristi­g ein selbstbest­immtes Leben zu ermögliche­n, anderersei­ts.“

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