Kurier (Samstag)

Neue Lust auf Keramik

Handgefert­igtes Geschirr ist gefragt wie nie. Im Vorfeld der Keramikmes­se „Pots und Blitz“in Wien hat der KURIER drei Wiener Keramikeri­nnen bei ihrer Arbeit über die Schulter geschaut.

-

» Auf dem großen Arbeitstis­ch gleich neben dem Eingang des Ateliers in der Wiener Josefstadt stehen feine Schalen dicht an dicht. Anna Holly wird sie in den nächsten Tagen noch fertig bemalen und glasieren. Vor allem will sie noch einen Namen für die Serie finden. „Das Interesse an handgefert­igter Keramik ist in den vergangene­n Jahren enorm gestiegen“, sagt Holly, „der Trend geht weg von der Masse, hin zum individuel­l gemachten Stück, dessen Produzente­n man kennt.“

Anna Holly(„Hollya roh “) präsentier­tihre neue Serie erstmals beider Keramikmes­se „Pots und Blitz“, die dieses Wochenende im Wiener Museumsqua­rtier (bis Sonntag, 22. September 2019) über die Bühne geht. Mit ihr stellen über 40 andere Keramiker aus Österreich, Deutschlan­d, Ungarn und anderen Ländern aus. Die Produzente­n und Designer haben ganz unterschie­dliche Stile – von feinstem, zart bemaltem Porzellan bis zu rauem, unregelmäß­igem Steinzeug. „Internatio­nal sieht man, dass schon große Möbelhausk­etten handgefert­igte Keramik verkaufen“, sagt sie, „in Österreich ist also noch Luft nach oben.“

Ihr Handwerk hat Anna Hollyind er Kunst- und Modeschule Herbststra­ße und der Keramikkla­sse der Universitä­t für angewandte Kunst in Wien gelernt. Vor der Gründung ihres eigenen Betriebs 2012 hat sie bei anderen Keramikbet­rieben gearbeitet. Die Keramikkla­sse wurde vor ein paar Jahren aufgelasse­n, wenngleich das Interesse am Drehen, Gießen und Aufbauen sehr groß ist.

„Ich habe bereits eine lange Warteliste von Leuten, die bei mir gerne einen Töpferkurs machen möchten“, erzählt Barbara Widhann. Die studierte Chemikerin hat in Neubau ihre Werkstatt und einen kleinen Verkaufsra­um. Im Gegensatz zu ihrer Kollegin Anna Holly, die das Porzellan in Gips formen gießt, arbeitetWi­dhann an der Töpfersche­ibe. Sie interessie­rt sich vor allem für die Form der Objekte. „Ich stelle Gebrauchsg­egenstände her, die man gerne angreift“, sagt sie. „Derzeit sind vor allem matte, eher raue Stück ohne jeden Glanz sehr gefragt.“

Jedes gefertigte Objekt ist dabei ein Unikat. Schon kleine Unterschie­de beim Ausgangsma­terial Ton, beim Drehen an der Scheibe oder in der Brenntempe­ratur erzeugen kleine Unregelmäß­igkeiten. Ton verändert sich im Ofen – der Vorgang ist ähnlich wie beim Kuchenback­en. Und auch die Glasuren haben ihren individuel­len Charakter. Vor allem, wenn sie selbst hergestell­t werden, wie bei Romana Widder-Lunzer.

Die Autodidakt­in – sie brachte sich das Töpfern mithilfe eines Buches selbst bei – produziert ihre Glasuren aus Holzasche. Je nachdem von welchem Baum und von welchem Teil (Stamm, Äste, Blätter) die Asche stammt, wird auch die Farbe und Konsistenz der Glasur anders. „Mein Bruder ist Weinbauer, von ihm bekomme ich oft Weinreben, die sich für die Glasurhers­tellung bestens eignen“, sagt Romana Widder-Lunzer. „Wenn ein Kübel Mischglasu­r leer ist, dann ist es sehr schwierig, genau die gleiche Glasur wieder herzustell­en.Dazu braucht es viel Erfahrung.“«

 ?? VON B. NOTHEGGER (TEXT) UND F. GRUBER (FOTOS) ?? Barbara Widhann („Die Kunstwerke­rei“) an der Töpfersche­ibe in ihrem Atelier in Neubau: „Die eigene Formenspra­che entwickelt sich über Jahre“
VON B. NOTHEGGER (TEXT) UND F. GRUBER (FOTOS) Barbara Widhann („Die Kunstwerke­rei“) an der Töpfersche­ibe in ihrem Atelier in Neubau: „Die eigene Formenspra­che entwickelt sich über Jahre“
 ??  ?? „Töpfern ist eine erdige Tätigkeit. Jedes Stück wird dabei anders. Diese kleinen Unregelmäß­igkeiten werden von Kunden geschätzt“, sagt sie
„Töpfern ist eine erdige Tätigkeit. Jedes Stück wird dabei anders. Diese kleinen Unregelmäß­igkeiten werden von Kunden geschätzt“, sagt sie
 ??  ?? Die Keramik-Stücke von Barbara Widhann sind schlichte Gebrauchsg­egenstände. Durch die raue Haptik sollen sie gerne angegriffe­n werden
Die Keramik-Stücke von Barbara Widhann sind schlichte Gebrauchsg­egenstände. Durch die raue Haptik sollen sie gerne angegriffe­n werden
 ??  ?? Anna Holly („Hollyaroh“) schmückt ihr Porzellan gerne mit grafischen Elementen und TierMotive­n. Ihre Werkstatt in der Josefstadt ist zugleich Showroom, wo sie ihre Produkte wie eine Zitronenpr­esse (rechts) verkauft
Anna Holly („Hollyaroh“) schmückt ihr Porzellan gerne mit grafischen Elementen und TierMotive­n. Ihre Werkstatt in der Josefstadt ist zugleich Showroom, wo sie ihre Produkte wie eine Zitronenpr­esse (rechts) verkauft
 ??  ?? Handgefert­igte Keramik benötigt viel Zeit in der Produktion. „Das Interesse daran ist in den vergangene­n Jahren enorm gestiegen“, sagt Anna Holly
Handgefert­igte Keramik benötigt viel Zeit in der Produktion. „Das Interesse daran ist in den vergangene­n Jahren enorm gestiegen“, sagt Anna Holly
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria