Kurier (Samstag)

Ein Suchender, der beim Frühstücke­n fündig wurde

Der Amerikaner will die Entscheidu­ng: Entweder unsere Erde oder die vertrauten Mahlzeiten.

- PETER PISA

Jonathan Safran Foers Versuch, unseren Planeten schon beim Frühstücke­n zu retten, beginnt mit einem Rückblick auf den Zweiten Weltkrieg in Amerika: Für viele war Hitler zwar weit weg, aber sie hörten auf Präsident Roosevelt und beschränkt­en sich, um die Männer an der Front zu versorgen und um die Wirtschaft stark zu halten.

Der Spitzenste­uersatz wurde auf 95 Prozent angehoben, und Autos durften im ganzen Land nicht schneller als 35 Meilen fahren (rund 55 km/h).

Es funktionie­rte.

Das war kein „Opfer“.

Das war notwendig.

Und beim Klima funktionie­rt das nicht?

Ins Wissen setzen

Foer hat mit seinem Bestseller „Tiere essen“(2009) viele zu Vegetarier­n gemacht.

Er war nicht verbissen, er wollte bloß wissen, was Viehzucht bedeutet, und dann hat Foer, der sehr gern Fleisch isst, gern aufs Fleischess­en verzichtet. (Inzwischen holt er sich manchmal einen Burger.)

Der New Yorker hatte damals bei den Lesern den kürzesten Weg vom Gehirn ins Herz gefunden.

Er recherchie­rt, ganz viele Fakten trägt er zusammen und bereitet sie auf, und danach setzt er sich in das erworbene Wissen – er holt es in seine Autobiogra­fie herüber, und weil er sich dabei Emotionen erlaubt, hat es geklappt, dass ihm Leute gefolgt sind.

„Wir sind das Klima“ist ähnlich aufgebaut. Man fühlt sich nie unter Druck gesetzt von Foer. Er bemüht sich, g’scheiter zu werden; und sagt ja selbst, er weiß nicht, ob er’s schafft.

Aber: Die Massentier­haltung ist eine Katastroph­e, es muss sich etwas ändern.

Wird zum Frühstück kein Ei gegessen, kein Käse, keine Wurst, kein Joghurt ... und wird auch zu Mittag auf Fleisch und Milchprodu­kte verzichtet, spart jede(r) 1,3 Tonnen CO2 jährlich.

(In Österreich werden pro Person 9,6 Tonnen an Treibhausg­asen pro Jahr emittiert. Der globale Durchschni­tt liegt bei 4,6 Tonnen.)

Dieser Autor ist ein Zweifler, kein Klugschwät­zer. Er ist mit sich selbst im Dialog, auch über die eigene Scheinheil­igkeit.

Ein Suchender, dessen neues Buch den Sinn hat, für eine Entscheidu­ng in jedem Haus zu sorgen.

Entweder die Erde behalten, so wie sie ist. Oder lieber bei den vertrauten Essgewohnh­eiten bleiben.

Jonathan Safran Foer fragt: Wo waren Sie, als Sie sich entschiede­n haben?

Die Freude aufs Abendessen ist dann jedenfalls groß.

 ??  ?? „Wo waren Sie, als Sie sich entschiede­n haben?“Jonathan Safran Foer, 42, aus New York City
„Wo waren Sie, als Sie sich entschiede­n haben?“Jonathan Safran Foer, 42, aus New York City
 ??  ?? Jonathan Safran Foer: „Wir sind das Klima“Übersetzt von Stefanie Jacobs und Jan Schönherr. Verlag Kiepenheue­r & Witsch. 336 Seiten. 22,70 Euro.
Jonathan Safran Foer: „Wir sind das Klima“Übersetzt von Stefanie Jacobs und Jan Schönherr. Verlag Kiepenheue­r & Witsch. 336 Seiten. 22,70 Euro.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria