Kurier (Samstag)

Müssen sich Mieter im Stadtgebie­t laute Musik gefallen lassen?

- VON DR. MARIA IN DER MAUR-KOENNE

Ich wohne seit Jahrzehnte­n in einer Mietwohnun­g, deren Fenster alle in den Innenhof gehen. In der Wohnung war es daher immer recht ruhig, obwohl sie mitten in der Stadt ist.

Heuer im Frühjahr wurde im Nachbarhau­s ein Proberaum für Musikbands eröffnet. Seither muss ich unter der Woche mehrere Stunden schlechten Bands, die vor allem lauten Rock ’n’ Roll und Heavy Metal üben, beim Proben zuhören. Im Sommer war das unerträgli­ch, aber auch bei geschlosse­nen Fenstern kann ich den Lärm noch hören. Im Winter wird es also nicht besser werden.

Meine Hausverwal­tung meint, sie sei nicht zuständig, da der Proberaum im Nachbarhau­s liegt, und deren Hausver waltung ignoriert meine Schreiben. Was kann ich machen? gegen den Lärm Ferdinand K., Wien

Lieber Herr K., laute Nachbarn und insbesonde­re ein Musikprobe­raum im Nachbarhau­s können sehr an den Nerven zehren.

Immissione­n, und dazu gehört auch lauter Lärm, sind dann unzulässig, wenn sie das nach den örtlichen Verhältnis­sen gewöhnlich­e Maß überschrei­ten und die ortsüblich­e Benutzung des Grundstück­s (der Wohnung) wesentlich beeinträch­tigen. Das kann durchaus auch auf stundenlan­gen Probenlärm zutreffen, der tagsüber erzeugt wird, und ist nicht auf die Nachtstund­en beschränkt. Ob ein bestimmter Lärm zu dulden ist, oder bereits das ortsüblich­e Ausmaß überschrei­tet, ist immer eine Frage des Einzelfall­s. Auch die Frage, ob bereits eine wesentlich­e Beeinträch­tigung der Nutzung der Wohnung vorliegt, muss von den Gerichten immer im konkreten Einzelfall überprüft werden.

Im Zusammenha­ng mit Musikprobe­nlärm kommt es außerdem nicht allein auf einen bestimmten Lärmpegel an, sondern auch darauf, ob ein verständig­er Bewohner den Lärm als besonders „lästig“empfindet. So können beispielsw­eise ein tieffreque­nter Lärm, wie er durch E-Bass oder Schlagzeug erzeugt wird, sowie ein schneller Rhythmus der Musik als besonders lästig empfunden werden. Demnach kommt es bei der Beurteilun­g Ihrer Situation nicht nur auf die objektiv messbare Lautstärke des Musikprobe­nlärms an, sondern auch auf die subjektive „Lästigkeit“, und zwar gemessen am Empfinden eines durchschni­ttlichen Bewohners des betroffene­n Wohngebiet­s. Darauf, ob Sie ein Fan von Rock ’n’ Roll und Heavy Metal sind, oder einen gänzlich anderen Musikgesch­mack haben, kommt es nicht an.

Laut Ihrer Anfrage liegt Ihre Wohnung zwar mitten in der Stadt, die Fenster gehen aber in einen ruhigeren Innenhof. Auch wenn bei einer innerstädt­ischen Wohnung daher Verkehrslä­rm als ortsüblich angesehen wird, ist der Lärm durch stundenlan­ges Proben diverser Rock-’n’-Roll- oder Heavy-Metal-Bands zumeist nicht als ortsüblich anzusehen. Dieser Lärm wird daher gemessen an den sonstigen ortsüblich­en Lärmimmiss­ionen oft als nicht ortsüblich einzustufe­n sein. In ähnlichen Fällen von Musikprobe­nlärm hat der Oberste Gerichtsho­f nämlich schon entschiede­n, dass derartiger Probenlärm auch im verbauten Gebiet nicht ortsüblich ist, wenn er eine bestimmte Lautstärke überschrei­tet und als besonders „lästig“empfunden werden kann.

Sie haben auch die Möglichkei­t,

Newspapers in German

Newspapers from Austria