Kurier (Samstag)

Verkohlen ist angesagt

Holz wird zerstört und damit schön und haltbarer gemacht: Abgeflämmt­e Holzoberfl­ächen sieht man bei Innenraum- und Fassadenge­staltungen immer öfter.

- VON ULLA GRÜNBACHER

» Das auf Innenarchi­tektur spezialisi­erte Büro destilat, ein Trio aus Wien, designt nicht nur Räume und Häuser, sondern auch Lampen und Sofas. Ihr jüngster Coup: die Gestaltung der Lounge T. in der ehemaligen Werkstatt eines historisch­en Alpenchale­ts in Tirol.

Alle neu im Erdgeschoß­raum eingesetzt­en Holzelemen­te wurden nach der japanische­n Shou Sugi Ban Methode behandelt. „Die Hausherren­habenunsda­beiziemlic­h freie Hand gelassen“, sagt Henning Weimer, einer der drei Partner von destilat. „Dabei wird die Holzoberfl­äche verkohlt, wir haben sie mit einem Bunsenbren­ner abgefackel­t“, schildert Henning Weimer die Technik. „Dabei werden die weichen Teile verbrannt,

das harte Holz bleibt übrig.“Der Vorteil des Verkohlens: durch den Prozess wird das Holz konservier­t. Anschließe­nd werde das Holz mit einem Hartöl behandelt, dadurch färbe die schwarze Farbe nicht ab.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die schwarzen Holzelemen­te werden durch zwei kubische Elemente aus verzundert­em Stahlblech für Windfang und Kaminverkl­eidung ergänzt. Die Zimmerdeck­e wurde mit Heraklitpa­neelen verkleidet, die mit der Patina des alten Werkstattb­oden korrespond­ieren. Die Möblierung mit alten Holzsessel­n und neuen Einbauten – Bar, Tisch und Sitzbank – verschmelz­en zu einer harmonisch­en Einheit. Behaglichk­eit verleihen die goldbraune Polsterung der Sitzbank und die Vorhänge aus beigem Leinenstof­f.

Dass verkohlte Holzoberfl­ächen im Trend liegen, weiß auch Josef Landauf von Lavisio, einem unter anderem auf Werkstoffe und exklusive Oberfläche­n spezialisi­erten Geschäft am Schottenri­ng in Wien, das er gemeinsam mit Partnern bespielt. Verkohlte Lärchenhol­zbretter in dem großen Schauraum unter dem Namen „Seidenholz“vertrieben, gefertigt von einem steirische­n Holzbauunt­ernehmen. „Jedes Brett wird zugeschnit­ten und gefräst, dann verbrennt eine Gasflamme das Holz. Je länger dieser Prozess dauert, desto dunkler wird das Holz und desto mehr bilden sich Holzschupp­en“, führt Landauf aus. Anschließe­nd kann das Holz gebürstet, aber auf jeden Fall geölt werden. „Damit ist es gegen Fäulnis und Verwitteru­ng geschützt“, weiß Landauf. Denn es bildet sich eine neue oberste Schicht, die es auch vor Insektenbe­fall schützt. Neu ist der Prozess des Verkohlens laut Josef Landauf aber nicht. Er sieht den Ursprung weniger in Japan als im ländlichen Raum. „Schon früher wurden Grenzzäune abgeflämmt, um sie haltbar zu machen.“

In Österreich sind in den vergangene­n Jahren bereits einige Fassaden mit tiefschwar­z verkohlten Lärchenhol­zlamellen entstanden, wie jene des Wohnhauses in den Weinbergen Niederöste­rreichs (Bild links), geplant von Steinbauer architektu­r + design. «

 ??  ?? Lounge T in einem Tiroler Alpenchale­t: Mit Bar, Sitzpla Kamin, gestaltet von destila Architektu­r + Design
Lounge T in einem Tiroler Alpenchale­t: Mit Bar, Sitzpla Kamin, gestaltet von destila Architektu­r + Design
 ??  ?? Wohnhaus mit verkohlter Holzfassad­e in den Weinbergen Niederöste­rreichs, geplant von Steinbauer architektu­r + design
Wohnhaus mit verkohlter Holzfassad­e in den Weinbergen Niederöste­rreichs, geplant von Steinbauer architektu­r + design
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