Kurier (Samstag)

MILLION DOLLAR BABYS

Schön, schnell – und wahnsinnig teuer. Aber alte Rennwagen sind nicht nur echte Bubenträum­e, sie sind mittlerwei­le auch ein begehrtes Investitio­nsobjekt. Und haben gegenüber klassische­n Fonds und Anleihen einen entscheide­nden Vorteil: Sie machen Spaß!

- Von Andreas Russ-Bovelino

Gibt es ein schöneres Männerspie­lzeug als Autos? Kaum. Das ist von Kindheit an klar – und daran ändert sich meist bis ins Erwachsene­nalter nichts. Warum auch? Kein Wunder also, dass Autos (neben Uhren, Wein, Kunst und einigen anderen Sammlerobj­ekten, siehe S. 52) zu einem wichtigen Investitio­nsobjekt geworden sind. Dabei geht es ausdrückli­ch nicht um Neuwagen, sondern um Klassiker. Hier sind die sogenannte­n „Weichkoste­nanteile“, also Händler, Vertrieb etc., wesentlich geringer, die Stückzahl natürlich auch und die Entwicklun­g ist leichter einzuschät­zen. Außerdem: In unserer hoch technische­n Welt, sind es die alten Boliden, die entdigital­isierten, chromblitz­enden Flitzer, die uns so richtig zum Träumen bringen.

Der geniale Neben-Effekt: Die Rendite ist bei der richtigen Wahl ungleich höher als die von Versicheru­ngsfonds – UND sie machen verdammt viel mehr Spaß!

Ein Mercedes 190 SL aus den 1960ern etwa kostete vor zehn bis 15 Jahren etwa 40.000 Euro. Heute bekommt man dafür gut 100.000. Eine Wertsteige­rung, die sich sehen lassen kann. Und auch wer heute erst investiert, wird sein Geld auf lange Sicht wahrschein­lich verdoppeln. Wenn man das Auto pflegt – und nicht einen Unfall baut. Denn das Tolle an dieser Art Wertanlage: Man kann tatsächlic­h mit ihr „spielen“. Man muss es sogar, weil auch ein noch so teures Auto bewegt werden sollte, wenn man lange etwas davon haben will. Allerdings sollte man vor dem Einstieg die Marktlage studieren, auch ein genauer Blick in die gängigen KlassikerZ­eitschrift­en schadet nicht – und wer gar einen Experten kennt, ist auf jeden Fall im Vorteil.

Denn nicht alles, was alt ist, wird automatisc­h teuer. Eine „Ente“, also den Citroen 2CV, hält man sich, weil man sie lieb hat. Mit Wertsteige­rung ist hier nicht zu rechnen. Gut erhaltene VW Käfer hingegen haben in den letzten Jahren preislich stark angezogen. Auch die lange Zeit eher links liegen gelassenen Porsches aus den 60ern und 70ern performen mittlerwei­le richtig gut, kosten derzeit ab 50.000 Euro, Tendenz steigend. Und ein Mercedes 300 SL mit Flügeltüre­n bringt heute, selbst wenn er nicht gepflegt ist, knapp 500.000 Euro.

Und wie sieht’s am oberen Ende der Preisskala aus? Was kaufen Männer, wenn Kohle so richtig keine Rolle spielt? Hier gibt’s eine Liste der – derzeit – teuersten Oldtimer der Welt:

1 Ferrari 250 GTO Berlinetta: 48,4 Millionen Dollar. Mit dem Flitzer aus dem Jahr 1962 fuhr Phil Hill Autorennen. Gregory Whitten, der ehemalige Chefentwic­kler von Microsoft hat ihn vor 18 Jahren gekauft. Er zahlte damals 7 Millionen Dollar. Nicht schlecht, Herr Specht. Und die Gerüchtebö­rse brodelt. Angeblich hat Rennfahrer Christian Gläsel vor einem Jahr einen Ferrari 250 GTO aus dem Jahr 1963 um satte 70 Millionen Dollar an David MacNneil, den Chef der Automatten Firma WeatherTec­h verkauft. Privat allerdings, also pssst. Ferrari-Experte Marcel Massini meinte kürzlich jedenfalls in einem Interview, dass er davon

ausgehe, dass die 100-Millionen-DollarMark­e noch in den kommenden drei Jahren fallen werde ...

2 Ferrari 335 S Spider Scaglietti: 35,7 Millionen Dollar. 1957 gebaut, vom legendären Designer Sergio Scaglietti entworfen, 12 Zylinder, 365 PS, für „Mille Miglia“auf 4,1 Liter Hubraum gepimpt, unter anderem von Stirling Moss gefahren. 1970 kam er in die Ferrari-Sammlung Pierre Bardinons, die nach dessen Tod aufgelöst wurde. 3 Mercedes Benz W196 „Silberpfei­l“: 29,65 Millionen Dollar. Der legendäre Rennwagen wurde 1954 gebaut und vom ebenso legendären Juan Manuel Fangio gesteuert. 8 Zylinder, 2,5 Liter Hubraum, Direkteins­pritzung, fuhr mit einem streng geheim gehaltenen Spezialgem­isch aus Methanol, Benzol, Azeton und besonders hochoktani­gem Benzin.

4 Ferrari 290MM: 28,05 Millionen Dollar. Das Lieblingsa­uto des Maestros persönlich, für Enzo Ferrari war es das schönste Auto seiner Zeit. 1956 gebaut, V12 Zylinder, 320 PS – und ebenfalls von Juan Manuel Fangio gefahren:

Wir sehen, die vorderen Plätze sind beinahe komplett in Ferrari-Hand. An fünfter Stelle liegt ein Ferrari 275 GTB/4 NART Spider aus dem Jahr 1967, der für 27,5 Millionen über den Tisch ging – insgesamt liegen auf sieben der ersten zehn Plätze die Autos aus Maranello. Außer Mercedes konnten nur zwei Briten die knallrote Phalanx brechen:

5 Aston Martin DBR1: 22,25 Millionen Dollar. Der Rennwagen aus dem Jahr 1959. Nur fünf Modelle wurden jemals gebaut, bis zum TweedBezug der Sitze war an diesem Exemplar noch alles im Originalzu­stand.

Der sechstteue­rste Wagen ist mit 22 Millionen ein weiterer Ferrari 290MM, an siebter Stelle liegt ein wunderschö­ner Jaguar D-Type aus dem Jahr 1955. Für etwas mehr als 21 Millionen wurde er bei der jährlichen superschic­ken Monterey Car Week versteiger­t.

So selten

Nicht immer geht es NUR ums Geld. Ein großer Reiz für passionier­te Jäger und Sammler ist auch die möglichst große Seltenheit des Objekts der Begierde. Hier kommen auch die Liebhaber amerikanis­cher Karossen auf ihre Kosten: Das einzige Exemplar eines Oldsmobile F-88 „Rocket 88“wurde vor 14 Jahren um „nur“3,2 Millionen Dollar verkauft. Wer einen Ford GT40 Gulf ergattern kann, die in den 60ern konstruier­t wurden, um Ferrari Konkurrenz zu machen, darf sich freuen – Steve McQueens privates Modell ging für 11 Millionen über den Tisch. Und wer heute seine Finger an einen Dodge Coronet Convertibl­e bekommt, ist ein wahrer Meister seines Fachs: Nur vier Stück dieses klassische­n Muscle Cars wurden zwischen 1967 und 1970 gebaut ...

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Jaguar D-Type, Baujahr 1955. Kaufpreis 21 Millionen Dollar. Damit liegt er in den Top-10 der teuersten Autos der Welt. Zu den schönsten gehört er sowieso
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 ??  ?? Alfa Romeo Lungo Spider, Bj 1939 Wert: ca. 19 Millionen Dollar
Alfa Romeo Lungo Spider, Bj 1939 Wert: ca. 19 Millionen Dollar

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