Von Kaiser Vranz zu „Wer, wenn nicht er“
Wahltriumphe der Zweiten Republik. Eine Wahl ohne Kanzlerduell, das war in Österreich schon lange nicht mehr da. Ein Rückblick auf programmierte und überraschende Wahlerfolge und ihre Hauptfiguren.
1971
„LASST KREISKY ARBEITEN“
Gerade einmal eineinhalb Jahre waren seit Kreiskys politischem Coup vergangen. Mithilfe der FPÖ und des ehemaligen SS-Sturmbannführers Friedrich Peter hatte er sich ins Bundeskanzleramt hieven lassen. Jetzt, 1971, hatte der Wind der politischen Veränderung, den Kreisky und sein Team gebracht hatten, Österreich voll erfasst. Mit guten Umfragedaten im Rücken riskierte die SPÖ vorzeitige Neuwahlen und wurde dafür – entgegen gängiger politischer Logik – belohnt. Die erste absolute Mehrheit mit 50 Prozent der Stimmen war da, zwölf weitere Jahre Alleinregierung und die Ära Kreisky sollten folgen.
1979
DER LETZTE AUFTRITT DES SONNENKÖNIGS
Eigentlich hatte man schon begonnen, über ein
Ende der Ära Kreisky zu spekulieren. Immerhin hatte der Sozialdemokrat im Jahr davor die Abstimmung über das AKW Zwentendorf zu einem Votum über seine Kanzlerschaft stilisiert – und verloren. Doch Kreisky trat wieder an und erzielte mit 51 Prozent der Stimmen das historisch beste Ergebnis der SPÖ. ÖVP-Chef Josef Taus dagegen, der schon 1975 gegen Kreisky schlecht ausgesehen hatte, verlor erneut und musste seinen Sessel als Parteichef räumen.
1995
DER PENSIONISTENBRIEF
DES KAISER VRANZ
Wolfgang Schüssel hatte Erhard Busek recht unsanft von der ÖVP-Spitze verdrängt und nützte gleich die erste Gelegenheit – einen Streit übers Budget –, um Neuwahlen vom Zaun zu brechen. Es sollte sich nicht auszahlen. Schüssel, der mit deutlichen Hinweisen auf einen drohenden Sparkurs bei den Wählern nicht ankam, wurde von Franz Vranitzky wahltaktisch ausmanövriert: Die Warnung vor Schwarz-Blau und ein Brief des Kanzlers an die Pensionisten sicherte der SPÖ deren Stimmen und einen Wahlsieg mit 38,1 Prozent und 10 Prozent
Vorsprung vor der ÖVP.
1990
RATLOS GEGEN RECHTS
Die Politik in Österreich stand im Bann des unaufhaltsamen Aufstiegs der FPÖ unter Jörg Haider. Doch die Gewinne der Freiheitlichen, die bei diesen Wahlen erstmals zweistellig wurden (16,6 Prozent), gingen fast ausschließlich zulasten der ÖVP, die unter Josef Riegler keinen überzeugenden Kurs zwischen SPÖ und FPÖ fand und abstürzte.
Franz Vranitzky, der nach Haiders Machtergreifung die Koalition mit der FPÖ aufgekündigt hatte, positionierte die SPÖ als Bollwerk gegen rechts – mit Erfolg: 42,8 Prozent.
2002
DER KNITTELFELD-COUP
Nach einer weiteren Niederlage bei den Wahlen 1999 war Wolfgang Schüssel als Drittplatziertem ein politischer Coup geglückt. Er paktierte mit der FPÖ und wurde Kanzler. Drei Jahre später flog die ohnehin von Skandalen gebeutelte FPÖ beim Parteitag in Knittelfeld in die Luft. Schüssel ging mit einem perfekten Slogan („Wer, wenn nicht er“) in die Wahlen, räumte die zertrümmerte FPÖ ab und erzielte einen historischen Triumph für die ÖVP: 42,3 Prozent der Stimmen.