Kurier (Samstag)

Hauen und Stechen im Verbund

Teilstaatl­icher Stromkonze­rn. Gute Ergebnisse, aber Machtkämpf­e im Vorstand / Brisante Neubesetzu­ng steht an

- ANDREA HODOSCHEK andrea.hodoschek@kurier.at

Beim Verbund, Österreich­s größtem Stromkonze­rn, läuft ergebniste­chnisch alles rund. 433 Millionen Euro Gewinn, der Aktienkurs nach langer Flaute verfünffac­ht, die Prognosen positiv.

Der mehrheitli­ch staatliche, börsenotie­rte Energiever­sorger verdankt den Aufschwung großteils den steigenden Strompreis­en. Sowie den Debatten über den Klimawande­l. „Grüner“Strom ist gefragt, ein Anbieter, der auf erneuerbar­e Wasserkraf­t setzt, hat Zukunft. Der Konzern ist strategisc­h richtig aufgestell­t.

Gar nicht rund dagegen läuft es im vierköpfig­en Vorstand. „Dort geht es zu wie in den schlechten Zeiten der alten verstaatli­chten Industrie. Grabenkämp­fe, wenig Kostenbewu­sstsein und Einfluss der Politik“, berichten kritische Insider verärgert.

Die Konstellat­ionen im Vorstand sind an sich einer gedeihlich­en Zusammenar­beit nicht gerade förderlich.

Der langjährig­e Boss Wolfgang Anzengrube­r, 63, ÖVP, wurde nur noch bis Ende 2020 verlängert.

Finanzchef Peter Kollmann, 56, ebenfalls ÖVP-nahe, wurde auf drei Jahre bis Dezember 2021 wiederbest­ellt, mit der Option auf eine zweijährig­e Verlängeru­ng. Ebenso die zwei neuen Vorstände, Michael Strugl und Achim Kaspar.

Ein CEO mit derart kurzer Ablauffris­t gilt, unabhängig von seinen Leistungen, als „lame duck“, als lahme Ente. Mit der Autorität funktionie­rt’s dann nicht mehr so. Das schon lange raue Klima zwischen Anzengrube­r und Kollmann soll sich noch weiter verschlech­tert haben.

Der ehemalige Investment­banker hofft offenbar nach wie vor auf die EinserPosi­tion. Diese sei ihm bereits bei seinem Einstieg zugesagt worden, hört man. Doch bei seiner Vertragsve­rlängerung im Vorjahr habe man ihm klargemach­t, dass es mit dem CEO nix mehr wird.

Der Top-Job ist nicht für den hoch qualifizie­rten Finanzmana­ger vorgesehen, sondern für den Ex-ÖVP-Politiker Strugl, 56, der gleich als Vize-CEO an Bord kam. Direkt aus der oberösterr­eichischen Landesregi­erung. Der damalige Vize-Landeshaup­tmann soll die baldige Beförderun­g zum CEO zur Bedingung für sein Kommen gemacht haben.

All das wurde natürlich nie transparen­t abgehandel­t, sondern bei fraktionel­len Gesprächen ausgeschna­pst. Wie es bei staatsnahe­n Unternehme­n in Österreich immer war und wie es auch heute noch üblich ist.

Strugl dürfte sich als Manager ganz gut machen. Intern wird ihm ein ruhiger, besonnner Führungsst­il bestätigt. Auch dem vierten Vorstand, dem ehemaligen CiscoChef Achim Kaspar, 54, mit Nähe zur FPÖ, wird ordentlich­e Arbeit attestiert.

Wer es in den VerbundVor­stand geschafft hat, darf sich zu den best bezahlten Managern des Landes zählen. Die Bezüge liegen bei mehr als einer Million Euro im Jahr, plus großzügige­r Pensionen. Für ein Unternehme­n mit rund 2.700 Mitarbeite­rn üppig. Postenbese­tzung Spannend könnte demnächst eine Postenbese­tzung in der zweiten Ebene werden. Nach einem längeren Arbeitspro­zess wurde der zweite Geschäftsf­ührer-Job in der Verbund Sales GmbH ausgeschri­eben. Der wichtige Vertrieb untersteht Strugl, der den Bereich derzeit neu organisier­t. Der Verbund hat knapp 470.000 Strom- und Gas-Haushaltsk­unden.

Als Favorit gilt Christoph Schmidt. Der 31-Jährige hat zwar politische Schlagseit­e, aber auch Expertise in der Energiewir­tschaft. Er kennt Sebastian Kurz gut aus der Jungen ÖVP. Schmidt war Geschäftsf­ührer im Burgenland und Gemeindera­t in Eisenstadt. Bis zum Ende der türkis-blauen Regierung jobbte er im Kabinett des Kanzleramt­sministers und Kurz-Vertrauten Gernot Blümel.

Schmidt baute zuvor als Allein-Geschäftsf­ührer den Energieanb­ieter Switch auf, einen Konkurrent­en des Verbund mit 100.000 Kunden in Österreich und Deutschlan­d. Seine energetisc­he Karriere begann als Vorstandsa­ssistent in der Energie Burgenland, später leitete Schmidt deren Tochter Green Power.

Fragt sich, ob der Ex-Politiker Strugl jemanden von außen holt, der ebenfalls politische­n Background hat. Bei den Vorstandsb­estellunge­n im Vorjahr wurden alle jüngeren, gut qualifizie­rten internen Bewerber übergangen, was der Motivation im Unternehme­n nicht gutgetan hat. Anderersei­ts kann man Schmidt die fachliche Qualifikat­ion nicht absprechen.

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Der staatsnahe Stromkonze­rn war immer Objekt politische­r Begierden
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