Kurier (Samstag)

NEUBURGER, NEU INTERPRETI­ERT

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Der Neuburger, den ich meine, ist kein Leberkäse. Er ist auch keine duftige Weinsorte. Kein Muskatelle­r oder Gewürztram­iner, sondern vornehm zurückhalt­end. Das hat durchaus Vorteile, findet Erwin Tinhof, Winzer aus Trausdorf an der Wulka. Er zählt zu jenen, die diese Sorte aus der Vergangenh­eit vor den Vorhang geholt haben. Fast sechs Hektar Neuburger bewirtscha­ftet er in seinen Weingärten am Leithaberg. „Gerade weil er nicht Gefahr läuft, von der eigenen Sortenarom­atik übertönt zu werden, spiegelt er das Terroir gut wider“, meint Tinhof. Zum Beispiel die Kalkscholl­en, die die Lage „Golden Erd“prägen. Früher galt Neuburger als süße Geheimwaff­e. Denn er neigt zu Botrytis, der rosinenart­igen Edelfäule, und war beziehungs­weise ist damit oft Zuckerlief­erant im Gemischten Satz. Außerdem wird er immer reif – was in Zeiten der Klimaerwär­mung aber ohnehin weniger Problem ist.

Damals jedoch, da sei er nicht einmal im Spitzer Graben erfroren. Und das heißt was. Da pfeift der raue Waldviertl­er Wind. Apropos Spitz: In der Wachau liegen der Legende nach die Wurzeln des Neuburgers. Um 1850 sei ein Rebenbünde­l aus der Donau gefischt worden. Was bei anderen Weinen die Säure ausmacht, erledigt beim Neuburger übrigens der Gerbstoff aus der dicken Schale. Das regte schon einige Weinbauern zum Experiment­ieren an. Und so gibt es mittlerwei­le auch Neuburger in der neuen Weinfarbe Orange. Aber dazu ein ander Mal ... flaschenpo­st@kurier.at

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Der Neuburger ist eine angenehme unaufdring­liche Sorte
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Juliane Fischers Flaschenpo­st

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