Kurier (Samstag)

Leben ÜBER

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VGuido Tartarotti or wenigen Wochen wurde meine Tochter geboren, jetzt haben wir ihren 18. Geburtstag gefeiert. Ich kann mich noch gut an den Tag ihrer Geburt erinnern. (Sagt man da nullter Geburtstag?). Es war ein strahlend sonniger Spätsommer­tag Anfang Oktober. Ihre Geburt war leise und freundlich verlaufen, danach saßen wir alle im Garten des Krankenhau­ses, ihre Mutter, die Großmütter, ihr Bruder und ich.

Jetzt waren wir wieder alle zusammen und wunderten uns, wo die Jahre geblieben waren. Meine Tochter, die gerade noch ein ruhiges, nachdenkli­ch wirkendes, fast philosophi­sches Baby gewesen war, mixte uns Gin-Tonics, sie trug ein schwarzes Cocktailkl­eid und kümmerte sich ebenso höfwie herzlich darum, dass sich jeder Gast ihrer Feier wohlfühlte. Das kann sie übrigens nicht von mir haben, denn ich bin eher schüchtern („leitscheic­h“sagt man in Niederöste­rreich, also leutescheu) und sitze bei Partys gerne im hintersten Eck. Es sei denn, man füllt mir wie Strache Alkohol in den Wodka, dann taue ich auf und halte Vorträge. Aber meine Tochter studiert ja auch Mathematik, während ich Mühe habe, die Zahl 7 von der 6 zu unterschei­den. Als ich meine Tochter vor 18 Jahren zum ersten Mal im Arm hielt, war ich hemmungslo­s überforder­t von der Verantwort­ung, für dieses kleine Wesen zuständig zu sein. Wir sind einander dann über die Jahre vorsichtig und sehr liebevoll näher gekommen, wobei sie mich immer mit ihrer Mischung aus Intellekt und Herzlichke­it beeindruck­t hat. Ich erinnere mich an ein Gespräch beim Hundespazi­ergang im Wald, wo sie mir, noch Kind, ihr Konzept von Leben und Tod auseinande­rgesetzt hat.

Ich war nie einer von denen, die es bedauern, dass die Kinder groß werden. Ich liebe es, erwachsene Kinder zu haben. Es war mir eine Ehre, sie beim Erwachsenw­erden zu begleiten. Und ich freue mich von Herzen auf den weiteren Weg.

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