Kurier (Samstag)

Architektu­r Matteo Thun designte Bar in Wien

Matteo Thun über „seine“neue Bar in Wien, was ihn inspiriert und warum Österreich in seinem Leben immer wieder eine Rolle spielt.

- VON SANDRA BAIERL

» Matteo Thun, Star-Architekt aus Mailand, hat die Bar Campari im Goldenen Quartier in Wien geplant und designt. Ein Gespräch über eine italienisc­h-österreich­ische Hochzeit.

KURIER: Gehen Sie gerne in Bars? Matteo Thun: Wenn ich in Mailand bin, gehe ich zum Fioraio Bianchi, ein Blumenlade­n, der auch eine Bar ist. Die wissen dort genau, was für einen Gin Tonic ich trinke, um welche Uhrzeit, mit wie viel Eis und Zitrone.

Sie sagen, das perfekte Design gibt es nicht. Wie zufrieden sind Sie mit dieser Bar?

Das wissen wir, wenn wir uns zu Weihnachte­n wieder treffen.

Weil Sie erst darüber nachdenken müssen?

Wir müssen sehen, wie die Heirat zwischen Mailand und Wien angenommen wird.

Nochmals die Frage: wie zufrieden sind Sie persönlich?

Architekte­n sind nie zufrieden. Aber die Idee, dass man die Kunst des Gastronoms Peter Friese (Anm.: Inhaber des Schwarzen Kameels) und die Kunst von Campari verbindet, hat funktionie­rt.

Woran lesen Sie das ab? Weil die Bar am ersten Tag voll ist?

Nicht nur daran. Fortunato Deperos Schwarz-Weiß-Werbung für Campari aus den 20er-Jahren macht Spaß. Und eine CampariBar muss Spaß machen. Sie ist das Gegenteil einer Wein- und Bierbar. Es geht nicht ums Trinken, es ist ein soziales Ritual des Genusses.

Wie viele Bars haben Sie schon designt?

Wir haben zirka 80 Hotels gemacht, dem zufolge auch 80 Bars. Und viele andere mehr: über 200 für Vapiano etwa.

Sie sind in Ihrem Schaffen sehr vielseitig. Wieso haben Sie sich nie festgelegt?

Wissen Sie, was ein Tuttologo ist? Tutto ist alles, Logos ist das Wissen. Wenn jemand vorgibt, alles zu wissen, weiß er nichts. Das bin ich.

Erklären Sie mir trotzdem die konkrete Idee hinter dieser Bar.

Wir haben die Bar gestaltet mit dem Anspruch, dass sie ästhetisch dauerhaft sein soll. Keine Zeichenspr­ache von einem Autor soll sichtbar sein. Im besten Falle ist es die Symbiose des Gastgebers mit der

Idee von Campari: den Leuten Freude zu bereiten, ohne Alkoholism­us zu fördern. Obwohl es hier natürlich hochprozen­tigen Alkohol gibt, habe ich in meinem Leben noch nie einen besoffenen Campari-Trinker gesehen. Es geht um etwas anders: um glückliche Gesichter, um Kommunikat­ion, um das Miteinande­r.

Also mehr Spirit als Spirituose?

So könnte man es sagen.

Was war herausford­ernd an diesem Objekt? Das Lokal war zuvor ein Restaurant, dass ehr schnell wiederge schlossen wurde.

Es ist eine fantastisc­he Location: geht man vom Schwarzen Kameel hundert Meter weiter Richtung Mailand, dann stößt man auf diese Bar. Hier findet man im besten Fall einen anderen Dialog mit sich selbst und mit der Umgebung.

Ist eine italienisc­he Bar eine italienisc­he Bar – oder müssen Sie sie auf die Stadt abstimmen?

Absolut. Schauen Sie: die schwarzwei­ßen Kissen und die Kunst an der Wand sind eine Hommage an die Kunststadt Wien. Eine Campari-Bar in Kopenhagen, in Shanghai oder New York würde eine ganz andere Geschichte erzählen. Mit anderen Farben, anderen Böden, einer anderen Lichtatmos­phäre. Genius Loci, die Seele des Ortes zu verstehen, ist wichtig.

Was brauchen die Wiener?

Ich war gestern im Loos-Haus am Michaelerp­latz. Ich kann mir vorstellen, dass der Herr Loos diese Bar sehr gemocht hätte. Da ist viel aus seiner Zeit wieder zu finden.

Wie schafft man Italoflair mitten in Wien?

Es geht gar nicht um Italoflair. Sondern darum, dass die über hundertjäh­rige Geschichte von »

„Wir haben die Bar gestaltet mit dem Anspruch, dass sie ästhetisch dauerhaft sein soll. Keine Zeichenspr­ache von einem Autor soll sichtbar sein.“Matteo Thun über die neue Bar Campari in Wien

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