Kurier (Samstag)

Wie man die Welt (nicht) retten kann

Kanzler Kurz hält eine bürgerlich-grüne Koalition auch in Deutschlan­d nach der Wahl für wahrschein­lich

- AUS DAVOS ANDREAS SCHWARZ

Greta Thunberg hat das Schweizer Bergstädtc­hen Davos fünf Tage lang dominiert. Und auch wenn sich die Stimmen mehren, dass der Greta-Hype nervt und das apodiktisc­he Daumen-rauf, Daumen-runter mancher Klimaaktiv­isten über Unternehme­n und Politiker jeden Rahmen sprengt: An den Themen Umwelt und Klima kommt man beim 50. World Economic Forum (WEF) im schweizeri­schen Davos nicht vorbei. Auch Sebastian Kurz nicht, der am Freitag seinen Rede-Auftritt beim WEF hatte. Und er legte gleich unmissvers­tändlich klar, dass der Klimaschut­z wichtig, aber die wirtschaft­liche Entwicklun­g mindestens ebenso wichtig sei.

Waldbrände und Naturkatas­trophen zeigten zwar, dass der Schutz der Umwelt zentral sei, sagte Kurz. Fortschrit­t nütze nichts, wenn die Welt verloren gehe. Es sei „gut“, dass Klimaschut­z jetzt „in aller Munde“sei. „Aber wir müssen alle aufpassen, dass das Thema nicht missbrauch­t wird“, sagte Kurz und meinte „alte kollektivi­stische Ideen, die immer, egal wo auf der Welt, gescheiter­t sind“. In diesem Bewusstsei­n sei es „gut, zu verinnerli­chen, dass wir das Klima nicht retten werden, indem wir die europäisch­e Industrie oder Wirtschaft bekämpfen und schädigen“, sagte Kurz in Richtung mancher Klimaaktiv­isten. Klimaschut­z und Wachstum Die Debatte „Klimaschut­z oder Wirtschaft“, „Thunberg oder Trump“sei falsch. „Wir werden als Demokratie­n nur erfolgreic­h und Beispiel für andere sein, wenn wir wirtschaft­lich erfolgreic­h sind, wenn wir Arbeitsplä­tze erhalten und schaffen, Gesundheit, Pflege und Pensionen finanziere­n können.“Und wer könnte sich besser als eine Art Vorreiter dieses Zusammensp­iels präsentier­en, als Österreich – in aller Bescheiden­heit natürlich. Oder so. „Bestes aus beiden Welten verbinden“, sagte Kurz erneut zu seiner Koalition mit den Grünen: Klimaschut­z da, Standort, Wirtschaft, Sicherheit­spolitik dort.

Ein Modell für Europa will er aber nur bedingt sehen, zu unterschie­dlich seien die Voraussetz­ungen. In Deutschlan­d „kann unser Modell aber Vorbildfun­ktion haben“. Eine „ähnliche Konstellat­ion“sei dort nach der nächsten Wahl „nicht unwahrsche­inlich“, so der VP-Chef. „Da würde ich mich wetten trauen.“Und: „Die Grünen werden in vielen Ländern die Sozialdemo­kratie ersetzen, sie sind die moderne Linksparte­i.“

Österreich werde bis 2030 Strom zu 100 Prozent aus erneuerbar­er Energie beziehen; man trete dafür ein, durch europäisch­e CO2-Zölle den Wettbewerb fairer zu machen (und umweltbela­stende Produktion­en aus Drittstaat­en zu verteuern).

Auch neue Investment­s konnte Kurz nach Gesprächen mit Firmenchef­s verkünden: Der Industriek­onzern ABB investiert 100 Millionen Euro in Oberösterr­eich, der PharmaRies­e Novartis nimmt 30 Millionen am Tirol-Standort Kundl in die Hand. Schon am Donnerstag war der Kanzler in Zürich mit AppleChef Tim Cook zusammenge­troffen. Cook versprach, wie berichtet, 300 neue Jobs in Österreich. Rückhalt für „Revolution­är“Am Freitag stand neben Treffen mit CEOs und der EZB-Chefin Christine Lagarde auch ein Gespräch mit Juan Guaidó, dem selbst ernannten Interimspr­äsidenten Venezuelas, auf dem Programm. Guaidó, der seit einem Jahr erfolglos versucht, Machthaber Nicolas Maduro von der Macht zu vertreiben, hatte das Treffen vorgeschla­gen – Kurz war einer der Ersten gewesen, die Guaidó als Interimspr­äsidenten anerkannt hatten.

Der „Revolution­är“appelliert­e an die internatio­nale Staatengem­einschaft, die Menschen in Venezuela im Kampf für Demokratie nicht alleine zu lassen. Guaidó wird von mehreren Dutzend Ländern, darunter den USA und Deutschlan­d, als legitimer Übergangss­taatschef anerkannt. Das Militär und Staaten wie Russland, China, Iran und Kuba stützen hingegen den Sozialiste­n Maduro. Guaidó räumte ein, dass die Opposition die Macht der Regierung unterschät­zt habe. Auch der Druck der USA habe nachgelass­en.

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Venezuelas selbst ernannter Interimspr­äsident Guaidó wollte Kurz treffen
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Kurz warnte im Schweizer Davos vor „kollektivi­stischen Ideen“

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