Vorwurf gegen Alt-Bischhof
Küng 16 Jahre nach Affäre im Priesterseminar belastet.
Die Vergangenheit holt die Kirche wieder einmal ein. 16 Jahre ist es her, dass ein veritabler Skandal die Diözese St. Pölten erschütterte: Im Priesterseminar wurden Kinderpornos gefunden. Zudem tauchten Bilder von einer Weihnachtsfeier auf – zu sehen war darauf etwa ein Kuss zwischen zwei Geistlichen. Der damalige Visitator Klaus Küng enthob daraufhin zwei Priester ihres Amtes – darunter den damals 37-jährigen Wolfgang Rothe. Das Priesterseminar wurde geschlossen.
16 Jahre später beschäftigen die Vorkommnisse von damals die Kirche erneut. Wolfgang Rothe, mittlerweile
Pfarrvikar in München, erhebt schwere Vorwürfe gegen AltBischof Küng: Er wirft ihm sexuelle Belästigung und versuchte Vergewaltigung vor.
Küng bestreitet diese Vorwürfe vehement, spricht von einer „persönlichen Fehde“und einem „unheilvollen Abend“.
Doch was war an diesem Abend so „unheilvoll“?
Es war der 6. Dezember 2004. Küng war von der Kirche nach St. Pölten geschickt worden, um nach dem Skandal aufzuräumen. Er lud Rothe um 18 Uhr zu einem Gespräch ins Bischofshaus. Als Rothe eintraf, wurde er von mehreren kirchlichen Würdenträgern erwartet. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass er von sämtlichen Ämtern enthoben wird. Rothe erlitt einen Kreislaufkollaps. Küng ließ Rothe auf ein Sofa legen und ihm eine Tablette verabreichen. So weit passen die Schilderungen zusammen.
Was danach passierte, darüber gibt es zwei Versionen. Polizei ermittelte
Rothe gab gegenüber der Polizei zu Protokoll, dass Küng dann sämtliche Personen aus dem Raum geschickt hätte: „Mit seiner linken Hand begann er (Küng, Anm.) mich zu streicheln. (...) Beim Streicheln hat er immer wieder gesagt: ‚Fügen Sie sich. Fügen Sie sich, Sie müssen sich nur fügen, dann wird alles gut.‘“Rothe schildert, dass er wie erstarrt gewesen sei, sich aber mit letzter Kraft losreißen konnte. Wenig später in seiner Wohnung trank er noch Wein, dann fiel er fünf Meter tief den Balkon hinunter. Im Krankenhaus wurde festgestellt, dass sich unter anderem Benzodiazepin (Psychopharmaka, Anm.) in seinem Körper befand.
Küng wiederum betont, nie sexuell übergriffig geworden zu sein. Zudem sei er mit Rothe nie allein im Zimmer gewesen. Was Küng – er hat auch Medizin studiert – zugibt, ist, ihm eine Tablette gegeben zu haben. „Aus heutiger Sicht ist ihm klar, dass er besser die Rettung gerufen hätte“, sagt Katharina Brandner, Sprecherin der Erzdiözese St. Pölten. Man vermutet hinter den Vorwürfen eine Retourkutsche – was Rothe wiederum scharf zurückweist.
Küng selbst überlegt, eine Anzeige wegen Verleumdung einzubringen. Und zwar gegen einen Bekannten Rothes,
der fast täglich vor dem Wiener Stephansdom und dem Erzbischöflichen Palais demonstriert und ihm dabei sexuellen Missbrauch vorwirft.
Die Ermittlungen der Polizei wurden übrigens wegen Verjährung mittlerweile eingestellt. Ein Verfahren im Vatikan ist noch anhängig.