Kurier (Samstag)

Vorwurf gegen Alt-Bischhof

Küng 16 Jahre nach Affäre im Priesterse­minar belastet.

- MICHAELA REIBENWEIN

Die Vergangenh­eit holt die Kirche wieder einmal ein. 16 Jahre ist es her, dass ein veritabler Skandal die Diözese St. Pölten erschütter­te: Im Priesterse­minar wurden Kinderporn­os gefunden. Zudem tauchten Bilder von einer Weihnachts­feier auf – zu sehen war darauf etwa ein Kuss zwischen zwei Geistliche­n. Der damalige Visitator Klaus Küng enthob daraufhin zwei Priester ihres Amtes – darunter den damals 37-jährigen Wolfgang Rothe. Das Priesterse­minar wurde geschlosse­n.

16 Jahre später beschäftig­en die Vorkommnis­se von damals die Kirche erneut. Wolfgang Rothe, mittlerwei­le

Pfarrvikar in München, erhebt schwere Vorwürfe gegen AltBischof Küng: Er wirft ihm sexuelle Belästigun­g und versuchte Vergewalti­gung vor.

Küng bestreitet diese Vorwürfe vehement, spricht von einer „persönlich­en Fehde“und einem „unheilvoll­en Abend“.

Doch was war an diesem Abend so „unheilvoll“?

Es war der 6. Dezember 2004. Küng war von der Kirche nach St. Pölten geschickt worden, um nach dem Skandal aufzuräume­n. Er lud Rothe um 18 Uhr zu einem Gespräch ins Bischofsha­us. Als Rothe eintraf, wurde er von mehreren kirchliche­n Würdenträg­ern erwartet. Dort wurde ihm mitgeteilt, dass er von sämtlichen Ämtern enthoben wird. Rothe erlitt einen Kreislaufk­ollaps. Küng ließ Rothe auf ein Sofa legen und ihm eine Tablette verabreich­en. So weit passen die Schilderun­gen zusammen.

Was danach passierte, darüber gibt es zwei Versionen. Polizei ermittelte

Rothe gab gegenüber der Polizei zu Protokoll, dass Küng dann sämtliche Personen aus dem Raum geschickt hätte: „Mit seiner linken Hand begann er (Küng, Anm.) mich zu streicheln. (...) Beim Streicheln hat er immer wieder gesagt: ‚Fügen Sie sich. Fügen Sie sich, Sie müssen sich nur fügen, dann wird alles gut.‘“Rothe schildert, dass er wie erstarrt gewesen sei, sich aber mit letzter Kraft losreißen konnte. Wenig später in seiner Wohnung trank er noch Wein, dann fiel er fünf Meter tief den Balkon hinunter. Im Krankenhau­s wurde festgestel­lt, dass sich unter anderem Benzodiaze­pin (Psychophar­maka, Anm.) in seinem Körper befand.

Küng wiederum betont, nie sexuell übergriffi­g geworden zu sein. Zudem sei er mit Rothe nie allein im Zimmer gewesen. Was Küng – er hat auch Medizin studiert – zugibt, ist, ihm eine Tablette gegeben zu haben. „Aus heutiger Sicht ist ihm klar, dass er besser die Rettung gerufen hätte“, sagt Katharina Brandner, Sprecherin der Erzdiözese St. Pölten. Man vermutet hinter den Vorwürfen eine Retourkuts­che – was Rothe wiederum scharf zurückweis­t.

Küng selbst überlegt, eine Anzeige wegen Verleumdun­g einzubring­en. Und zwar gegen einen Bekannten Rothes,

der fast täglich vor dem Wiener Stephansdo­m und dem Erzbischöf­lichen Palais demonstrie­rt und ihm dabei sexuellen Missbrauch vorwirft.

Die Ermittlung­en der Polizei wurden übrigens wegen Verjährung mittlerwei­le eingestell­t. Ein Verfahren im Vatikan ist noch anhängig.

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Alt-Bischof Klaus Küng (li.) bestreitet, übergriffi­g geworden zu sein. Wolfgang Rothe (re.) war einst Subregens im Priesterse­minar
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