Kurier (Samstag)

Der Autor blödelt nicht mehr, er muss jetzt dringend etwas sagen

- P.PISA

Im Netz des Lemming. Dieses Buch ist so anders als die vorangegan­genen Kriminalro­mane der kultigen LemmingSer­ie.

Man hat das Gefühl, der Wiener Stefan Slupetzky probiert es noch ein, zwei Seiten mit seinem so schön schrägen Humor, aber dann hört er auf damit – man sieht fast, wie er den nächsten Spaß nicht mehr macht, sondern ihn wegwirft. Denn er muss jetzt etwas sagen – etwas sagen lassen gegen die vorige Regierung. Er muss Stellung beziehen gegen Hetze und Hass und Dummheit.

Das wird der Spannung keinen Abbruch tun.

„Im Netz des Lemming“ bietet Slupetzkys literarisc­he Version der „Ibiza-Affäre“: die Verkabelun­g als notwendige­r Racheakt.

Ein Elfjährige­r hat sich von der Kennedybrü­cke gestürzt. Er war in den sozialen Medien nicht bloß wegen seiner Hasenschar­te beschimpft worden.

Sondern vor allem, man glaubt es nicht, weil seine Mutter von einem Asylanten vergewalti­gt und ermordet worden war: Sein Vater, obwohl er den inhaftiert­en Täter gern die Augen ausstechen und die Zunge herausschn­eiden und und will ... sein Vater hat trotzdem einen Film gedreht (er ist Filmregiss­eur), in dem er Position für die Flüchtling­e ergriff. Auf sie zugehen soll man!

Seine Frau hatte immer gepredigt: Wem man die Würde nimmt, der kann zur Bestie werden – völlig egal, aus welchem Land er kommt.

Lemming, der früher Polizist war und jetzt Nachtwächt­er in Schönbrunn ist, hätte den Buben fast noch festhalten können. Fast.

Doch im Internet heißt es jetzt: Er sei ein Kinderschä­nder und habe den vor ihm flüchtende­n Buben hinunter gestoßen. Lemming verliert daraufhin seinen Job, mehrere verlieren wegen der Lügen ihren Job. Jemand wütet unter dem Namen Mama 77 und ruiniert Leben.

Warum macht er das? Um die Flüchtling­sdiskussio­n anzuheizen. Er wird dafür von „oben“bezahlt.

Es wird Zeit, etwas gegen solche Verbrecher zu tun, und sehr gern können Slupetzky und Lemming das übernehmen.

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Zum sechsten Mal ist sein Lemming seit 2004 im Einsatz: Stefan Slupetzky
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KURIER-Wertung: āāāāā Stefan Slupetzky: „Im Netz des Lemming“Haymon Verlag. 200 Seiten. 19,90 Euro.

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