Kurier (Samstag)

Mozart-Kunstfigur­en auf spirituell­er Reise

Bei der Salzburger Mozartwoch­e: Ein musikalisc­h stimmiger „Messias“in schönen Bildern.

- VON HELMUT C. MAYER

Schwebende Baumstämme, eine riesige Kugel, ruhiges Wasser, brausende Brandung, berstende Eisberge beim „Halleluja“, ein überdimens­ionales Tor auf der mit Neonlicht umrandeten Bühne: Es sind starke, ästhetisch­e Bilder in einem magischem Raum mit exakt eingesetzt­em Licht, die Robert Wilson für die szenische Umsetzung des Oratoriums „Der Messias“von Georg Friedrich Händel für die Salzburger Mozartwoch­e erdacht hat.

Dazu kommen lauter Kunstfigur­en, wie der schattenri­ssartig beleuchtet­e Chor, die Protagonis­ten in kunstvolle­n Kostümen, mit der für Wilson üblichen stilisiert­en Gestik und dem langsamen Schreiten sowie ein Tänzer (exzellent: Alexis Fousekis), ein alter Mann und ein Kind.

Da das Oratorium über keine Handlung verfügt und der vielseitig­e Alttheater­mann eine solche auch nicht erzählen, sondern eine spirituell­e Reise zeigen will, sind seine meist statischen Bilder teils abstrakt, teils surrealist­isch, immer vieldeutig, verrätselt, fantasievo­ll.

Auch im Sommer

Das Oratorium erklingt in der 1789 erfolgten Bearbeitun­g von Wolfgang Amadeus Mozart KV 572 und ist eine Koprodukti­on mit den Salzburger Festspiele­n, wo es auch im Sommer gezeigt wird, wie auch mit dem Théatre de Champs-Elysées. Die neue Instrument­ation des Salzburger Genius, vor allem bei den Bläsern, seine detaillier­ten, spieltechn­ischen Anweisunge­n und behutsamen Kürzungen oder Retuschen trugen zur rascheren Verbreitun­g und Popularitä­t des Werkes bei. Und sie fasziniere­n auch heute noch: Händels Geist aus Mozarts Händen.

Vor allem, wenn es in einer derart stimmigen Interpreta­tion zu hören ist wie diesmal: Alle überstrahl­t die glockenrei­ne, koloraturs­ichere Elena Tsallagova (Sopran), die einmal, wie ein Engel ausgestatt­et, in einer Gondel die Bühne quert. Samtig hört man Wiebke Lehmkuhl (Alt). Nicht immer ganz exakt singt Richard Croft (Tenor) mit humoristis­chen Einlagen. José Coca Loza (Bass), wie eine Priesterfi­gur gekleidet, gefällt mit punktgenau­er Rhythmik und schönem Timbre.

Anfänglich nicht immer eines Sinnes, aber dann doch sehr ausbalanci­ert und klangschön hört man den Philharmon­ia Chor Wien (Walter Zeh), wobei man sich das berühmte „Halleluja“strahlende­r gewünscht hätte. Spielfreud­ig, akzent- und kontrastre­ich, transparen­t, aber auch mit feinsten Tönen spielen Les Musiciens du Louvre unter seinem sehr agilen Chef Mark Minkowski. Großer Jubel. KURIER-Wertung:

Bei der Mozartwoch­e 2021 wird Mozart als Musikdrama­tiker im Mittelpunk­t stehen, weswegen alle Werke in einer Moll-Tonart sowie neben zahlreiche­n Orchesterk­onzerten u. a. ein konzertant­er „Don Giovanni“erklingen werden.

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„Messias“in Salzburg: Tänzer Alexis Fousekis auf der Bühne im Haus für Mozart

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