Kurier (Samstag)

Kritik an staatliche­m Pornofilte­r

Jugendschu­tz. Das Regierungs­programm sieht Schutzfilt­er vor. Laut Experten gibt es bereits genügend Maßnahmen

- VON BARBARA WIMMER

Nicht alle Inhalte im Netz sind für Kinder geeignet. Doch wie muss ein adäquater Schutz aussehen? Auf diese Frage gibt es im Regierungs­programm von Türkis-Grün eine Antwort: Es soll einen „leichten, kostenlose­n und freiwillig­en Zugang zu Schutzfilt­ern geben“, um Kinder und Jugendlich­e vor Pornografi­e und Gewalt zu schützen. Der KURIER bekam beim dafür zuständige­n Justizmini­sterium allerdings keine Antwort darauf, wie der Zugang genau aussehen soll.

Experten gehen davon aus, dass die derzeitige­n Angebote am Markt ausreichen. Eltern können zum Schutz ihrer Kinder eine breite Palette von Maßnahmen einsetzen. Es gibt sowohl bei Betriebssy­stemen Möglichkei­ten von Inhaltsreg­ulierung, als auch externe Filter von Telekom-Anbietern wie Drei, A1 oder Magenta. Schutzmaßn­ahmen „Microsoft Family Link“(Windows) ermöglicht es Eltern etwa, die Online-Aktivitäte­n ihres Nachwuchse­s nachzuverf­olgen und Inhalte zu beschränke­n. Auch „Google Family Link“(Android) und die „Apple Bildschirm­zeit“(iOS) ermögliche­n die Regulierun­g der Online-Inhalte kostenlos.

Zusätzlich­e Angebote der Mobilfunkh­ersteller für den Zugang auf Smartphone­s können gegen Gebühren aktiviert werden. „Die meisten

Betriebssy­steme sehen Kinderschu­tz-Einstellun­gen vor, nur ist das Wissen darüber bei den Eltern nicht weit verbreitet. Damit müssen sich Eltern befassen“, sagt Maximilian Schubert, Generalsek­retär des Verbandes der Internet Service Provider (ISPA) dazu.

Filter können vor allem bei jüngeren Kindern helfen, wie Matthias Jax von der Initiative Safer Internet dem KURIER erzählt. „Je älter die Kinder werden, desto eingeschrä­nkter ist die Wirkung von Filtern. Wenn Jugendlich­e zum Beispiel aus Neugierde

nach Pornos suchen, wird dies kaum mit Schutzmaßn­ahmen verhindert werden können“, sagt Jax.

Zudem gebe es auch „andere irritieren­de Inhalte“, die nicht von Filtern aufgehalte­n werden können, wie zum Beispiel „angstmache­nde Kettenbrie­fe“.

Es sei notwendig, diese im Zuge der Medienerzi­ehung zu besprechen. Auch darüber, dass Pornografi­e wenig mit realer Sexualität zu tun hat, solle man sprechen. „Sich nur auf technische Lösungen zu verlassen, ist nicht empfehlens­wert“, sagt Jax. Online-Blockaden „Gerade Pornografi­e ist ein Bereich, bei dem man als Eltern ohnehin nicht drum herum kommt“, heißt es auch seitens der Bürgerrech­tsorganisa­tion epicenter.works, die das Gespräch der Eltern mit ihrem Nachwuchs jeglicher Filterlösu­ng vorzieht.

Die Nichtregie­rungsorgan­isation gibt auch zu bedenken, dass manchmal sogar Aufklärung­sseiten von Filtern blockiert werden. Die Organisati­on warnt zudem vor dem Einsatz von staatliche­n Filterlösu­ngen, um Pornografi­e zu blockieren: „Netzseitig­e Internetfi­lter sind nicht mit der Netzneutra­lität vereinbar. Sollte die türkis-grüne Regierung solche Filter tatsächlic­h angehen, wird die RTR einschreit­en müssen oder wir würden versuchen, dieses Vorhaben gerichtlic­h zu Fall zu bringen“, heißt es seitens der NGO.

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Für fast alle Handys stehen Schutzmech­anismen für Kinder bereit. Die Eltern seien gefordert, sich damit auseinande­rzusetzen

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