Kurier (Samstag)

Nehammer: „Gerettete zurück nach Libyen“

EU hält an Türkei-Deal fest. Merkel und Erdoğan wollen ihn ausbauen

- IDA METZGER, ZAGREB

Es war Karl Nehammer durchaus recht, dass seine Premiere auf der EU-Bühne bei einem informelle­n EU-Innenminis­ter-Treffen in Kroatiens Hauptstadt Zagreb stattfand. Das protokolla­rische Korsett ist bei diesen Meetings nicht streng. Die lockere Atmosphäre eröffnet Chancen, um bilaterale Gespräche mit den Amtskolleg­en zu führen. Auf der anderen Seite war das Interesse enorm groß, wie eine Koalition zwischen einer konservati­ven Partei und den Grünen klappen könne. „Horst Seehofer, der Luxemburge­r Kollege oder die Ministerin aus Finnland haben mich sehr detaillier­t befragt“, so Nehammer.

Gerade mit Seehofer hatte der Innenminis­ter heikle Gespräche. Denn sein deutscher Amtskolleg­e betonte in Zagreb, dass er eine gesamteuro­päische Lösung in der Flüchtling­sfrage weiterhin anstrebe. „Es geht nur europäisch. Die Beibehaltu­ng der momentanen Situation ist die schlechtes­te Lösung“, so Seehofer.

Österreich stellt in diesem Punkt nach wie vor auf stur. Die europaweit­e Verteilung kommt für Nehammer nicht in Frage. „Atmosphäri­sch war das Gespräch trotz der unterschie­dlichen Standpunkt­e sehr gut. Ich habe Seehofer nochmals dargelegt, dass in Österreich seit 2015 rund 200.000 Asylanträg­e gestellt wurden.“Doch wie kann eine Lösung ohne Verteilung ausschauen?

Auch Nehammer bezeichnet die „Anlandezah­len in Griechenla­nd als besorgnise­rregend“. Geht es nach ihm, muss der Außengrenz­schutz verstärkt werden, damit nach der Räumung der Inseln nicht wieder neue Flüchtling­e ankommen. „Dann braucht es Unterstütz­ungen für die Griechen, damit das Asylmanage­ment effiziente­r wird.“Denn an Geld mangelt es nicht. Seit 2015 hat Brüssel mehr als zwei Milliarden Euro an EU-Geldern an Griechenla­nd überwiesen, damit das Land die Flüchtling­skrise stemmen kann. Oberste Priorität ist, dass der EU-Türkei-Deal hält. „Seehofer ist hier sehr optimistis­ch“, so Nehammer. Merkel in Istanbul

Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel betonte in Istanbul bei ihrem Treffen mit Präsident Recep Tayyip Erdoğan, dass man an einer Kooperatio­n mit der Türkei auch nach dem bisherigen Abkommen festhalte. Die „Kosten für Integratio­n“von Geflüchtet­en seien hoch, sagte Merkel vor Journalist­en, das wisse man auch in der EU. Hier werde man weiter helfen.

Erdoğan begrüßte das und forderte mehr Druck der EU auf den abtrünnige­n General Khalifa Haftar in Libyen, immerhin strahle der Krieg in Libyen auf die Mittelmeer­region aus. Auch in Zagreb war Libyen Thema. Die EU-Seenotrett­ungsmissio­n „Sophia“soll zum Kampf gegen Menschenha­ndel beitragen. Für Nehammer

ist klar: Werden die Flüchtling­e gerettet, dann müssen sie „dorthin zugebracht werden, von wo sie kamen. Das darf kein Ticket nach Europa werden“.

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Karl Nehammer bei seiner Premiere auf der EU-Bühne in Zagreb

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