Zu wertvoll, um wegzuwerfen
Kreislaufwirtschaft. Innovative Technologien machen Kunststoff-Produkte zu Recycling-Helden
Ein Mobiltelefon, das im vorigen Leben ein Kindersitz war oder ein Autolenkrad, welches seinen Lebenslauf als Flasche startete – unvorstellbar? Was im ersten Moment utopisch klingen mag, könnte schon in der nahen Zukunft Realität sein. Nämlich dann, wenn Kunststoffprodukte durch modernste Recyclingmethoden optimal wiederverwertet werden. Eine der positivsten Eigenschaften von Kunststoff ist seine gute Rezyklierbarkeit. Das heißt, man kann die künstlich erzeugten Materialien immer wieder zerkleinern und zu Ausgangsmaterial für neue Produkte zusammensetzen. Dabei gibt es auch kaum Materialverluste. Kunststoffe eignen sich also ideal für die Kreislaufwirtschaft, durch die das Problem der Kunststoffabfälle entsorgt werden könnte. Der Trend zum Kunststoffrecycling wird von der Bevölkerung unterstützt, wie eine aktuelle Studie im Auftrag des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) zeigt. 76 Prozent der österreichweit Befragten sprechen sich dabei für Kunststoff-Verpackungen aus, wenn sie im Rahmen einer Kreislaufwirtschaft vollständig recycelt werden.
Flasche bleibt Flasche Mit einer Verwertungsquote von 100 Prozent bei Kunststoffabfällen gehört Österreich bereits zu den globalen Musterschülern, wenn es um Kreislaufwirtschaft geht. Der Recycling-Anteil in der Verwertung soll aber noch gesteigert werden. Dies soll durch die Weiterentwicklung unterschiedlicher Techniken geschehen, an der die Industrie arbeitet. Zentraler Punkt dabei ist, dass die wiedergewonnenen Grundmaterialien, das sogenannte Rezyklat, als Rohstoff für neue Produkte verwendet werden können. Je sortenreiner gesammelt wird, umso hochwertiger und vielfältiger einsetzbar ist das Rezyklat. Bisher wird großteils auf das sogenannte mechanische Recycling gesetzt, beispielsweise bei PET-Flaschen. Dabei werden entsorgte Flaschen gesammelt, gereinigt, zerkleinert und wieder zu neuen Flaschen verarbeitet. Voraussetzung ist hier die Sortenreinheit, also dass nur gleiche Materialien verwendet werden können. Diese technische Einschränkung steht derzeit im Fokus der Forschung der Industrieunternehmen. Sowohl beim Design der Produkte, als auch im Recyclingprozess selbst. Ziel ist die Ausweitung der Anwendungsmöglichkeiten des mechanischen Recyclings für unterschiedlichste Kunststoffprodukte.
Neue Technologien Österreich ist nicht nur top bei der Verwertung, auch bei Innovationen im Kunststoffrecycling gehören die heimischen Unternehmen zur Weltspitze. Im Bereich der Wiederaufbereitung von Polystyrol (Stypropor) gehört das niederösterreichische Unternehmen Sunpor zu den Top-Innovatoren in der Branche. Der Hersteller von Gebäudedämmungsrohstoffen ist Mitglied im „PolyStyreneLoop“, einer Initiative, die sich mit dem Recycling von Polystyrol für Gebäudedämmungen auseinandersetzt. Erklärtes Ziel ist es, aufzuzeigen, dass die Wiederaufbereitung von Styroporabfällen aus der Wärmedämmung sowohl technisch machbar als auch wirtschaftlich sinnvoll ist. In einem anderen Kunststoffbereich zeigt der in Wien ansässige Konzern Borealis, wie wichtig Recycling ist. Der zweitgrößte Hersteller von Polyolefinen in Europa entwickelt laufend neue Technologien für eine nachhaltigere Kreislaufwirtschaft, die auch eine große Relevanz für den Klimaschutz haben. Dabei spielt auch das sogenannte „Circular Design“eine wichtige Rolle, bei dem bereits bei der Produktion auf gute Rezyklierbarkeit geachtet wird. Etwa durch den Einsatz von Monomaterialien. Den Technikern des Unternehmens ist es gelungen, Kunststoffe zu entwickeln, die einen hohen Anteil von Rezyklat enthalten. Dadurch konnte der CO2-Fußabdruck um 30 Prozent gegenüber neu hergestelltem Material verringert werden. Eingesetzt werden diese Kunststoffe aktuell für Leichtbauteile in Autos oder für Haushaltsgeräte. Chemisches Recycling Mechanisches Recycling ist aber nicht für alle Kunststoffabfälle geeignet. Stark verschmutzte und nicht sortenrein trennbare Abfälle können durch diese Technik nicht wiederaufbereitet werden. Auch hier wird seitens der Industrie an einer Lösung gearbeitet. Das Zauberwort heißt chemisches Recycling. Dabei werden Kunststoffabfälle in ihren ursprünglichen Zustand zurückverwandelt und können so wieder als Rohstoff für neue Produkte verwendet werden. Der Verschmutzungsgrad und die Sortenreinheit spielen dabei keine Rolle. Aktuell wird die Technologie in mehreren Pilotanlagen getestet. An einer industriellen Anwendung wird intensiv geforscht. Weltweit agieren
In Österreich wird also bereits daran gearbeitet, Kunststoffrecycling zu optimieren und weiterzuentwickeln. Nur hierzulande an der Wiederverwertung von Abfällen zu arbeiten reicht aber nicht. Denn, die meisten Kunststoffabfälle in den Weltmeeren kommen aus anderen Ländern, jenseits von Europa. Besonders dort, wo es keine funktionierenden Abfallwirtschaftssysteme gibt. Dort gilt es anzusetzen und das heimische Know-how zur Verfügung zu stellen, um eine globale Lösung zur Reduktion der Kunststoffabfälle zu finden, ist Helmut Schwarzl, Obmann der Berufsgruppe der Kunststoffverarbeiter im Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) überzeugt: „Der Großteil der Kunststoffabfälle in den Ozeanen stammt aus Afrika und Asien. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, die Etablierung von Abfallwirtschaftssystemen und den Export von Recyclingtechnologien und -maschinen in diese Regionen zu forcieren.“