Kurier (Samstag)

„Hätte ich gewusst, welches Risiko ich eingehe, wäre ich nicht gestartet“

Der Salzburger gewann 2014 als letzter Österreich­er die Hahnenkamm-Abfahrt – mit einem akuten Bandscheib­envorfall

- CHRISTOPH GEILER

Es gab einmal eine Zeit, da war die Streif fest in österreich­ischer Hand. Zwischen 1996 und 2006 stellte Österreich gleich achtmal den Abfahrtssi­eger. Und was diese Erfolgsser­ie fast noch bemerkensw­erter erscheinen lässt: Mit Günther Mader, Fritz Strobl, Hans Knauß, Hermann Maier, Stephan Eberharter und Michael Walchhofer gab es in dieser Ära sogar sechs unterschie­dliche Siegergesi­chter.

Inzwischen wartet der ÖSV schon seit sechs Jahren auf einen Heimtriump­h bei der wichtigste­n Abfahrt des Winters. Die Siegesfahr­t von Hannes Reichelt 2014 ging in die Geschichte ein, der Salzburger war mit einem akuten Bandscheib­envorfall unterwegs und musste nach dem Hahnenkamm­rennen operiert werden. Der 39-Jährige verfolgt die Rennen diesmal nur als Zaungast, nachdem er sich in Bormio das Kreuzband gerissen hat.

KURIER: Wie war das damals bei Ihrem Sieg?

Hannes Reichelt: Ursprüngli­ch wollte ich ja gar nicht starten. Ich hatte schon vor dem Rennen brutale Schmerzen im Kreuz, die in den ganzen Körper ausgestrah­lt haben. Aufrecht gehen war überhaupt nicht möglich.

Warum sind Sie dann trotzdem gefahren?

Weil es ab dem Einfahren besser gegangen ist. Da war ich dann warm. In gebückter

Haltung waren die Schmerzen noch erträglich. Vielleicht war das einer der Gründe, warum ich gewonnen habe. Weil ich nicht mehr aus der Abfahrtsho­cke aufgekomme­n bin. Wenn ich aber gewusst hätte, welches Risiko eingehe, dann wäre ich sicher nicht gestartet.

Sie haben es im Ziel kaum geschafft, die Arme zum Jubeln in die Höhe zu reißen.

Ich habe abgeschwun­gen und hatte dermaßen brutale Schmerzen. Aber ich wollte es mir nicht anmerken lassen. Beim Interview mit Rainer Pariasek habe ich mich auf die Stöcke und die Skier gestützt, um mein Kreuz zu entlasten. Das Komische war ja, dass dann eine Stunde nach dem Rennen plötzlich nichts mehr wehgetan hat. Da hat dann der Hut wirklich gebrannt. Da muss man dann innerhalb von 24 Stunden operieren, sonst ist der Nerv dauerhaft geschädigt. Aber das wusste ich damals nicht.

Sie sind ja sogar noch am nächsten Tag im Super-G gestartet.

Und hergefalle­n. Das lag wahrschein­lich daran, dass ich schon Ausfälle hatte. Meine Frau Larissa hat mich dann daheim sofort zum Arzt geschickt, und die haben mich gleich operiert. Ich wollte eigentlich gar nicht zum Arzt. Ich bin heute extrem glücklich, dass es so gut ausgegange­n ist. Denn mir ist bewusst, dass damals alles auch anders hätte kommen können.

 ??  ?? Großer Triumph: Hannes Reichelt erhielt 2014 die goldene Gams
Großer Triumph: Hannes Reichelt erhielt 2014 die goldene Gams

Newspapers in German

Newspapers from Austria