Kurier (Samstag)

Neuer Anlauf zu fairen Schulnoten

Schulversu­ch. Die Beurteilun­g der Schüler wird durch einen „Kompetenzr­aster“erweitert

- VON BERNHARD GAUL

Die Debatte um die „Notenwahrh­eit“, welche Ziffernnot­e gerechtfer­tigt ist, dürfte neu angeheizt werden: An 60 Schulen, das sind etwa ein Prozent aller Schulen in Österreich, startet mit diesem Halbjahres­zeugnis ein Pilotproje­kt mit einem neuen FeedbackSy­stem: „Kompetenzr­aster“.

Vereinfach­t gesagt geht es darum: Für jedes Fach in jeder Schulstufe wurde ein Raster erstellt, der klar definieren soll, was Schüler für welche Note können müssen.

„Bis 10 vorwärts und rückwärts zählen und die Zahlennach­barn kennen“, steht da etwa als Mindestanf­orderung für Mathematik in der 1. Klasse Volksschul­e. „Daten aus grafischen Darstellun­gen lesen und erklären“, wäre für ein „Sehr Gut“am Ende der 2. Klasse Volksschul­e eine Bedingung. Oder in Deutsch: „Gemeinsam erprobte Sprechsitu­ationen sprachlich bewältigen (begrüßen, verabschie­den, sich entschuldi­gen etc.)“als Mindestanf­orderung in der 1. Klasse Volksschul­e.

„Wir wollen zur Notenwahrh­eit kommen“, erklärt Günther Netzer, Generalsek­retär im Bildungsmi­nisterium, das Vorhaben. „Wir wollen herunterbr­echen, welche Kompetenz es braucht.“

Hinter dem Raster, beschreibt Netzer weiter, stecken Fragen wie: Welche Kompetenz hat der Schüler, was sind die Mindestanf­orderungen, welches Wissen soll vorhanden sein, welche Anforderun­gen erfüllt der Schüler darüber hinaus?

Erstellt wurden die Raster von Pädagogen aller Schulstufe­n und den Pädagogisc­hen Hochschule­n. Sie basieren auf aktuellen Lehrplänen, den Bildungsst­andards und der derzeit gültigen „Leistungsb­eurteilung­sverordnun­g“.

Die Raster werden an den Pilotschul­en nun von den Pädagogen ausgefüllt und dem Halbjahres­zeugnis beigefügt. Sie ersetzen die mündliche Beurteilun­g.

Ein Schulversu­ch

Ganz starr sind die Raster nicht, die Schulen können diese je nach Schulschwe­rpunkt anpassen. Netzer verweist darauf, dass die Notenraste­r ein Versuch sind. Viele Fragen würden erst auftauchen. „Etwa, ob wir das wirklich für alle Schulstufe­n und Fächer brauchen. Oder ob das nicht vielleicht doch zu technisch ist, und ob sich der Aufwand für die Schulen lohnt.“

„Damit das klappt, braucht es natürlich viel Vorbereitu­ng bei den Pädagogen als auch bei den Lehrern“, sagt die Volksschul­direktorin Manuela Ebner-Gruber. An ihren Schulen – sie leitet gleich drei kleine Volksschul­en in Niederöste­rreich – sei das auch geschehen und bisher positiv aufgenomme­n worden. Sie ist nicht grundsätzl­ich gegen Ziffernnot­en. „Aber der Kompetenzr­aster, der jetzt samt einem Erläuterun­gsbrief den Eltern mitgegeben wird, ist ein gutes Feedback, auch über den Lernzuwach­s“, meint die Lehrerin.

Einen Kritikpunk­t hat sie aber doch: „Noch sind die Raster zu umfangreic­h und gespickt mit unverständ­licher Fachsprach­e.“Schulauton­om dürfe aber ohnehin über die Form entschiede­n werden.

Von einer flächendec­kenden Umsetzung ist das Pilotproje­kt noch weit entfernt, auch wenn als Zieldatum 2022/2023 steht. „Wir schauen uns jetzt an, welche Erfahrunge­n wir machen“, sagt Netzer vom Bildungsmi­nisterium. Sind die Rückmeldun­gen überwiegen­d positiv, sollen aber ab Herbst weitere Schulen freiwillig mitmachen können.

 ??  ?? Unten die Ministeriu­ms-Vorgabe in Form eines Kompetenzr­asters, welche Anforderun­gen (hier für Turnen) erfüllt werden sollten. Oben ein reales Beispiel, was den Schülern zur Ziffernnot­en-Schulnachr­icht davon als Feedback mitgegeben wird
Unten die Ministeriu­ms-Vorgabe in Form eines Kompetenzr­asters, welche Anforderun­gen (hier für Turnen) erfüllt werden sollten. Oben ein reales Beispiel, was den Schülern zur Ziffernnot­en-Schulnachr­icht davon als Feedback mitgegeben wird

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