Neuer Anlauf zu fairen Schulnoten
Schulversuch. Die Beurteilung der Schüler wird durch einen „Kompetenzraster“erweitert
Die Debatte um die „Notenwahrheit“, welche Ziffernnote gerechtfertigt ist, dürfte neu angeheizt werden: An 60 Schulen, das sind etwa ein Prozent aller Schulen in Österreich, startet mit diesem Halbjahreszeugnis ein Pilotprojekt mit einem neuen FeedbackSystem: „Kompetenzraster“.
Vereinfacht gesagt geht es darum: Für jedes Fach in jeder Schulstufe wurde ein Raster erstellt, der klar definieren soll, was Schüler für welche Note können müssen.
„Bis 10 vorwärts und rückwärts zählen und die Zahlennachbarn kennen“, steht da etwa als Mindestanforderung für Mathematik in der 1. Klasse Volksschule. „Daten aus grafischen Darstellungen lesen und erklären“, wäre für ein „Sehr Gut“am Ende der 2. Klasse Volksschule eine Bedingung. Oder in Deutsch: „Gemeinsam erprobte Sprechsituationen sprachlich bewältigen (begrüßen, verabschieden, sich entschuldigen etc.)“als Mindestanforderung in der 1. Klasse Volksschule.
„Wir wollen zur Notenwahrheit kommen“, erklärt Günther Netzer, Generalsekretär im Bildungsministerium, das Vorhaben. „Wir wollen herunterbrechen, welche Kompetenz es braucht.“
Hinter dem Raster, beschreibt Netzer weiter, stecken Fragen wie: Welche Kompetenz hat der Schüler, was sind die Mindestanforderungen, welches Wissen soll vorhanden sein, welche Anforderungen erfüllt der Schüler darüber hinaus?
Erstellt wurden die Raster von Pädagogen aller Schulstufen und den Pädagogischen Hochschulen. Sie basieren auf aktuellen Lehrplänen, den Bildungsstandards und der derzeit gültigen „Leistungsbeurteilungsverordnung“.
Die Raster werden an den Pilotschulen nun von den Pädagogen ausgefüllt und dem Halbjahreszeugnis beigefügt. Sie ersetzen die mündliche Beurteilung.
Ein Schulversuch
Ganz starr sind die Raster nicht, die Schulen können diese je nach Schulschwerpunkt anpassen. Netzer verweist darauf, dass die Notenraster ein Versuch sind. Viele Fragen würden erst auftauchen. „Etwa, ob wir das wirklich für alle Schulstufen und Fächer brauchen. Oder ob das nicht vielleicht doch zu technisch ist, und ob sich der Aufwand für die Schulen lohnt.“
„Damit das klappt, braucht es natürlich viel Vorbereitung bei den Pädagogen als auch bei den Lehrern“, sagt die Volksschuldirektorin Manuela Ebner-Gruber. An ihren Schulen – sie leitet gleich drei kleine Volksschulen in Niederösterreich – sei das auch geschehen und bisher positiv aufgenommen worden. Sie ist nicht grundsätzlich gegen Ziffernnoten. „Aber der Kompetenzraster, der jetzt samt einem Erläuterungsbrief den Eltern mitgegeben wird, ist ein gutes Feedback, auch über den Lernzuwachs“, meint die Lehrerin.
Einen Kritikpunkt hat sie aber doch: „Noch sind die Raster zu umfangreich und gespickt mit unverständlicher Fachsprache.“Schulautonom dürfe aber ohnehin über die Form entschieden werden.
Von einer flächendeckenden Umsetzung ist das Pilotprojekt noch weit entfernt, auch wenn als Zieldatum 2022/2023 steht. „Wir schauen uns jetzt an, welche Erfahrungen wir machen“, sagt Netzer vom Bildungsministerium. Sind die Rückmeldungen überwiegend positiv, sollen aber ab Herbst weitere Schulen freiwillig mitmachen können.