Wenn der Kassenzettel in den Mistkübel rollt
Kassenbons. Händler oder Wirte müssen sie ausdrucken, die Kundschaft schaut sie aber oft gar nicht an. Rufe nach einer Erleichterung bei kleinen Beträgen werden laut.
Ein Semmerl von der Bäckerei, eine süße Versuchung aus der Konditorei und schließlich die Tageszeitung aus der Trafik – eine MiniAusrüstung fürs Frühstück. Macht insgesamt drei Kassenbelege. Schon seit 2016 gilt die Registrierkassenpflicht und damit das Aushändigen der Bons an die Kundschaft.
Interessanterweise wurde diese Pflicht im bürokratischen Deutschland erst heuer eingeführt. Was dort für heftige Empörung sorgte und sorgt. In Frankreich dagegen wird diese Pflicht gerade aufgeweicht. Bei niedrigen Beträgen – von anfänglich 10 Euro bis schließlich 30 Euro in zwei Jahren – muss der Kassenbon künftig nur dann ausgedruckt werden, wenn der Kunde das ausdrücklich verlangt. Beschlossen wurde das diese Woche im Rahmen eines Gesetzes gegen Verschwendung und gegen die wachsenden Müllberge.
Von derartigen Bergen wissen viele Händler und Gastronomen auch in Österreich ein Lied zu singen.
14 Sekunden
Ein krasses Beispiel dafür sind die heimischen Schulbuffets. Die sind ein Groscherlgeschäft. „Im Schnitt dauert eine Kauftransaktion 14 Sekunden, der durchschnittliche Kaufbetrag liegt bei 2,65 Euro, so gut wie keiner gibt mehr als 5 Euro aus“, sagt Manuel Schätzer. Er ist Ernährungswissenschafter und Sprecher für rund 160 Schulbuffets in Österreich. Deren Betreiber haben nicht viel Zeit fürs Geschäft. Laut seinen Berechnungen summieren sich die Pausenzeiten auf gerade einmal 14,8 Netto-Verkaufstage pro Schuljahr, in denen der Jahresumsatz eingespielt werden muss. Zeit zum Verteilen von Zetteln bleibe da keine – „es nimmt auch kein Schüler einen Bon mit“. Selbige würden oft direkt in den Mülleimer wandern (siehe Bild gleich nebenan).
Die Befreiung von der Bonpflicht für kleinere Beträge nach dem Vorbild Frankreichs würde Kosten und viel Papier einsparen. „30 Euro wie in Frankreich zu fordern, wäre aber illusorisch“, ist sich Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer, bewusst. Sie wünscht sich dafür zumindest eine Ausnahme für Kleinbeträge bis 10 Euro.
Bis 20 Euro
„Wir sind speziell eine Branche, in der die Kunden die Belege nicht mitnehmen“, sagt Josef Prirschl, Obmann des Bundesgremiums der Tabaktrafikanten. Ein bis zwei Kassenbon-Rollen pro Woche und Trafik würden da sinnlos ausgedruckt. Er tritt für eine Ausnahme von Einkäufen bis zu 20 Euro ein. Der Kunde könne jederzeit einen Ausdruck fordern. Wenn er etwa ein Feuerzeug gekauft hat, für das eine Gewährleistungspflicht gilt.
Laut Finanzministerium wurden im Jahr 2018 rund 34.100 Außenprüfungen in Sachen Registrierkassen- und
Belegerteilungspflicht durchgeführt. Bei 3.029 Unternehmen wurden „Verstöße bei der Einzelaufzeichnung mittels Registrierkasse festgestellt“, bei 728 Unternehmen kam es zu Verstößen gegen die Belegpflicht.
Auch in der GastronomieBranche und Hotellerie kann man sich eine Änderung der sogenannten Belegerteilungspflicht gut vorstellen.
„Es ist eine Forderung von uns, dass Kleinstrechnungen nicht mit einer Belegpflicht bestraft werden. Auf Nachfrage des Gastes ist man sowieso verpflichtet, einen Bon herzugeben, außerdem besteht eine Kassenpflicht“, sagt Mario Pulker, Fachgruppenobmann der Gastronomen in der Wirtschaftskammer, zum KURIER. „Bis 20 Euro wäre es nicht schlecht, dass man nicht für jeden Kaffee oder jede Torte einen Bon ausgeben muss.“
Auch bei den Schaustellern, Schirmbars und Kantinen
kann sich Pulker eine neue Ausnahme-Regelung bei den Kassenbons vorstellen. Eine neue Belegregelung würde auch zu einer Entbürokratisierung und zur Einsparung von vielen Kilometern Kassenrollenpapier führen.
Apropos Kassenrollen. „Auf Almhütten oder bei Würstelständen rollen die Kassenbonleisten oft direkt in den Mistkübel hinein“, erzählt Pulker. „Dieses Thermopapier ist giftig, sinnvoll ist die Verschwendung von giftigem Papier nicht.“
Eine mögliche Aufweichung der Belegpflicht sieht die Gastro-Gewerkschaft vida eher skeptisch. „Wie weist der Gast im Kaffeehaus ohne Bon nach, dass er bereits bezahlt hat? Das stelle ich mir schwierig vor“, sagt Gewerkschafter Berend Tusch zum KURIER. Außerdem ortet er die Gefahr, dass Gastronomen bei einer Ausnahmeregelung wieder öfter „schwarz“in die Tasche wirtschaften.