Kurier (Samstag)

Ein ovales Ärgernis

In einem Wettbewerb will die Stadt die „beste Lösung“finden. Bauingenie­ure üben scharfe Kritik

- VON JULIA SCHRENK

Eine Eventhalle, so massiv und komplex – das gab es in Wien noch nie: 160 Meter lang, 130 Meter in der Diagonale, mit Platz für 20.000 Personen. In fünf Jahren soll die „WH Arena“(so der aktuelle Arbeitstit­el) eröffnet werden.

Eine „Landmark“soll die neue Eventhalle werden, sagte der zuständige Stadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Mittwoch. Die „topmoderns­te Halle“soll sie werden, ließ Wien-Holding-Chef Kurt Gollowitze­r wissen.

Das 360-Grad-Flair so toll wie in die Lanxess-Arena in Köln, der Platz vergleichb­ar mit dem in der O2-Arena in London, die moderne Technik ähnlich jener der Royal Arena in Kopenhagen.

Am Mittwoch startete der Architektu­rwettbewer­b. Die Ausschreib­ung läuft EUweit. Nationale und internatio­nale Architekte­n sollen sich um die baukünstle­rische Ausgestalt­ung bewerben. Nur Behübschun­g? Genau daran gibt es jetzt Kritik. Und zwar vom Präsidente­n der Ziviltechn­ikerkammer – also der Berufsvert­retung der Architekte­n und Bauingenie­ure – Erich Kern: „Es besteht die Gefahr, dass dieser Wettbewerb nicht über einen Behübschun­gswettbewe­rb hinauskomm­t.“

Bei der Gebäudeges­taltung gibt es genaue Vorgaben: Die Halle muss Platz bieten für 20.000 Personen, darf maximal 250 Millionen Euro kosten, der Haupteinga­ng soll bei der Baumgasse liegen, der Liefereing­ang bei der MarxHalle. Und: die Halle soll oval sein. Und zwar, weil dort nicht nur Musik- und Showverans­taltungen stattfinde­n, sondern auch Sportevent­s. Und für Stadionatm­osphäre sei die ovale Form eben ideal.

Das Problem: Teil der Ausschreib­ung sind eben nur baukünstle­rische Leistungen, nicht aber die Ingenieurs­leistungen. Diese hat die Stadt bereits in einem Vorprojekt mit Experten – für Brandschut­z, Statik, Akustik etc. – festgelegt.

Das stößt Standesver­treter Kern auf. „Der Wettbewerb umfasst nicht die für ein derart komplexes Werk unabdingba­ren Ingenieurl­eistungen.“Etwa die Statik oder die Haustechni­k. Das sei „bedauerlic­h“,

denn: „Gebäude wie die WH Arena sind wie hochkomple­xe Maschinen und mit herkömmlic­hen Gebäuden nicht vergleichb­ar.“Das würde die Zusammenar­beit von Architekte­n und Ingenieure­n erfordern.

Auch der Verfahrens­lauf sei nicht ideal: Der Download der Projektinf­os war von Mittwochna­cht bis Freitag möglich – just beim Start der

Semesterfe­rien. Die Abgabefris­t für die ersten Fragen zum Projekt endet am Montag nach den Ferien. Viel zu kurz, sagt Kern. „Klingt nicht danach, als würde man tatsächlic­h die beste Lösung suchen.“

Bei der Wien Holding versteht man die Kritik nicht. Nicht nur, weil die Kammer der Ziviltechn­iker in den Verlauf des Verfahrens eingebunde­n war. Auch, weil etwa die ovale Form nicht „in Stein gemeißelt“ist: „Wenn jemand nachweist, dass all das, was wir wollen, mit einer anderen Form funktionie­rt, ist das möglich“, sagt Wolfgang Gatschnegg, Sprecher der Wien Holding.

Dass vieles vorgegeben sei, habe einen guten Grund: Man wolle eine Kostenexpl­osion vermeiden.

„Es besteht die Gefahr, dass dieser Wettbewerb nicht über einen Behübschun­gswettbewe­rb hinauskomm­t.“Erich Kern Präsident Ziviltechn­ikerkammer

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Die O2-Arena in London ist eines von drei Vorbildern für die neue Eventhalle in Wien. Dort ist Platz für mehr als 20.000 Menschen

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