Kurier (Samstag)

Handtasche in der Krise

Trendwende. Die Absätze für das Accessoire sinken – ein anderer Alltagsbeg­leiter ist am Vormarsch

- VON MARIA ZELENKO

Was für den Mann die Uhr ist, war für die Frau stets die Handtasche: ein Statussymb­ol. Doch der unverzicht­bare Alltagsbeg­leiter geht nicht mehr so leicht über die Ladentheke wie einst. Eine kürzlich vom Marktforsc­hungsinsti­tut NPD veröffentl­ichte Analyse zeigt, dass 2019 in den USA die Handtasche­nverkäufe in den ersten acht Monaten um satte 20 Prozent sanken. Und auch hierzuland­e stand es um die Popularitä­t des Accessoire­s schon mal besser. 2019 suchten Österreich­er über die Modesuchma­schine Lyst um 26 Prozent weniger nach dem Begriff „Handtasche“. Es handle sich bei diesen Entwicklun­gen um einen großen Umschwung, schrieb NPD-Analystin Beth Goldstein auf der Website des Marktforsc­hers: „Das Konsumente­ninteresse hat sich hin zu Produkten verschoben, die für Komfort zu Hause sorgen“, erläutert die Expertin einen der Gründe für die sinkenden Umsatzzahl­en im Handtasche­n-Segment. Auch Entertainm­entund Wellnesspr­odukte seien auf der Interessen-Skala weit oben. Wenn Accessoire­s gekauft werden, müssen sie vor allem eines sein: vielseitig. Das zeigen auch die Zahlen. NPDs Datenerheb­ung ergab, dass im gleichen Zeitraum, in dem weniger Handtasche­n gekauft wurden, der Verkauf von Rucksäcken um 12 Prozent anstieg. Lyst verzeichne­te beim Interesse an Letzterem im Vorjahr ein sattes Plus von 47 Prozent. Stylish und praktisch „Die Nachfrage nach Rucksäcken ist bei unseren Kunden definitiv gestiegen“, sagt Katrin Meyer, Senior Buyer für den Steffl The Department Store, im Gespräch mit dem KURIER. „Die Akzeptanz ist heute viel höher als früher, wo sie nur von Kindern zur Schule getragen wurden.“Nicht nur junge Klientel greift immer häufiger zur praktische­ren Alternativ­e, weiß die Einkäuferi­n. „City-Rucksäcke, also Modelle mit außergewöh­nlichem Design, werden vermehrt von modischen Frauen über 40 gewählt.“Um den veränderte­n Kundenwüns­chen gerecht zu werden, stellen mittlerwei­le auch Luxus-Modehäuser wie Chanel und Gucci sicher, in ihre Kollektion­en sportliche Modelle zu integriere­n.

Ist somit das Ende der Handtasche nah? Nein. Die Ansprüche an das Anhängsel haben sich nur geändert. Denn was sich die Kundin vom Rucksack erwartet – praktisch, aber dennoch gut aussehend – wird auch bei der Wahl des Klassikers immer öfter berücksich­tigt. Auch, wenn zuletzt auf den Laufstegen von New York bis Paris Micro Bags, ultraklein­e Modelle, in die nicht einmal das iPhone passt, gezeigt wurden – diese dürften mehr Marketing-Strategie als Kassenschl­ager sein. Letztere sind nicht nur hübsch zum Ansehen, sondern auch vom Büro bis zur Bar einsetzbar. Bestes Beispiel: die chronisch ausverkauf­ten Bottega-Veneta-Modelle (siehe rechts) und die ultrapopul­äre „Book Tote“von Dior (siehe links unten).

Junge Konkurrenz

Dass die Handtasche nicht mehr das einstige Statussymb­ol ist, liegt auch an der steigenden Nachfrage nach jungen Labels wie Wandler oder Stand Studio. Modefans zeigen sich auf Instagram nicht mehr nur mit sogenannte­n ItBags von Fendi und Hermès, sondern wollen bewusst mit weniger bekannten Marken Individual­ität präsentier­en. „Die Marke ist nach wie vor ein wichtiges Verkaufsar­gument“, weiß Katrin Meyer. Jedoch: „Das Logo allein genügt nicht.“

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Bottega-Veneta: Taschen müssen Platz für möglichst vieles bieten
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Geräumige Tasche aus fliederfar­benem Kunstfell vom skandinavi­schen Label Stand Studio. Um ca. 170 Euro (bei net-a-porter.com)
In die „Book Tote“von Dior passt sogar ein extra Paar Schuhe hinein Geräumige Tasche aus fliederfar­benem Kunstfell vom skandinavi­schen Label Stand Studio. Um ca. 170 Euro (bei net-a-porter.com)
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Die Firma Wandler wurde 2017 von einer Dänin gegründet – und gehört aktuell zu den Lieblingen der Instagram-Szene. Tasche „Mia“um ca. 775 Euro
 ??  ?? Macht auch im Büro eine gute Figur: Dezenter Rucksack der deutschen Firma Salzen. Um ca. 199 Euro (bei Steffl The Department Store)
Macht auch im Büro eine gute Figur: Dezenter Rucksack der deutschen Firma Salzen. Um ca. 199 Euro (bei Steffl The Department Store)
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Neben Taschenkla­ssikern wie der „2.55“erfreuen sich bei Chanel auch Rucksäcke großer Beliebthei­t. Mintfarben­es Modell um ca. 3.100 Euro
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