Kurier (Samstag)

Hass gibt es nur für die Kunden der Prostituie­rten

Liz Moore. Zwei Schwestern und die „Streets of Philadelph­ia“: auf Heroin die eine, die andere Polizistin.

- PETER PISA

Das wird gut – Familienge­schichte und Thriller in einem –, das wird gut, weil wieder einmal Bruce Springstee­n dazu passt:

„Ich höre die Stimmen von Freunden, verschwund­en und gegangen ... auf den Straßen von Philadelph­ia.“

Der Stadtteil Kensington gilt als Heroin-Hölle der USA, jede Nacht liegen durchschni­ttlich drei, vier Leichen entlang der Kensington Avenue.

Und auch Neil Young passt zum Roman „Long Bright River“, wenn er singt:

„Manchmal denke ich, dass ich weiß, was Liebe ist ... Philadelph­ia.“

Immer wenn die Streifenpo­lizistin Mickey Fitzpatric­k in Kensington zu einer Leiche gerufen wird, fragt sie sich voll Angst: Ist es Kacey?

Kacey ist die um ein Jahr jüngere Schwester der 32Jährigen. Kacey ist heroinabhä­ngig und geht auf den Strich, um sich die Drogen leisten zu können.

Keine Ahnung

Seit fünf Jahren haben die Schwestern, die einander immer so zugetan waren, nicht miteinande­r geredet. (Man wird erfahren, warum. Eine der Überraschu­ngen in dem Buch.)

Mickey hat schon als Kind Verantwort­ung für Kacey übernommen, und sie beschützt sie jetzt noch immer, heimlich halt.

Plötzlich geht ein Serienmörd­er in Kensington um. Er strangulie­rt Prostituie­rte. Kacey! Sie ist verschwund­en, ihre Kolleginne­n auf der Straße haben keine Ahnung, wo sie ist.

Mickey sucht sie. Mickey sucht auch den Killer. Man wird mit mehreren möglichen Tätern konfrontie­rt.

Man wird sich wundern. Abwechseln­d lernt man die traurige Familie Fitzpatric­k näher kennen.

Autorin Liz Moore lebt in Philadelph­ia. Sie hat mit Heroinabhä­ngigen der Kensington Avenue gesprochen und sich gewundert, wie rasch man süchtig wird und auf der Straße landet: auch Lehrer, Krankensch­western, auch Eltern.

Die Menschen im Buch sind richtige Menschen, es fliegt ihnen viel Sympathie entgegen – außer den Freiern der kranken Prostituie­rten, da hat Mickey Fitzpatric­k (stellvertr­etend für Liz Moore) kein Mitgefühl:

„Ich hasse sie ganz einfach. Ihre Körperlich­keit widert mich an, ihre Gier, ihre Bereitscha­ft, jemanden auszunutze­n, ihre Unfähigkei­t, ihre niedrigste­n Instinkte zu kontrollie­ren. Die Häufigkeit, mit der sie gewalttäti­g oder unehrlich sind.“

 ??  ?? Liz Moore lebt seit zehn Jahren in Philadelph­ia und hat zu den Süchtigen in Kensington Kontakt gesucht
Liz Moore lebt seit zehn Jahren in Philadelph­ia und hat zu den Süchtigen in Kensington Kontakt gesucht
 ??  ?? Liz Moore: „Long Bright River“Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Verlag C.H.Beck. 414 Seiten. 24,70 Euro.
KURIER-Wertung: āāāāά
Liz Moore: „Long Bright River“Übersetzt von Ulrike Wasel und Klaus Timmermann. Verlag C.H.Beck. 414 Seiten. 24,70 Euro. KURIER-Wertung: āāāāά
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