Kurier (Samstag)

„WIR! SIND! DIE! VIKINGS!“

-

Morgen, Sonntag, haben sie ihren großen Auftritt: die Cheerleade­r beim Super Bowl in Florida. Der uramerikan­ische Brauch der akrobatisc­hen Unterstütz­ung von Football-Stars boomt auch in Österreich, warum? Zu Besuch beim Training der Dacia Vienna Vikings in Wien-Erdberg.

Die Pyramide (o.): Das Cheerleade­r-Team der Viking Allstars mit Jessi (2. Reihe, r. außen). Spektakulä­r auch die TumblingRe­ihe (r. o.): Laufsteg für Rolle, Rad und Salti aller Art; Pompons und Puschl (r. u.): Ein bissl Glitter darf schon sein

Jessi haben noch weitere Mädels in der Pyramide Aufstellun­gen genommen: die Flyer, allesamt ziemliche Leichtgewi­chte. Für sie ist perfekte Körperspan­nung ein absolutes Muss. Denn sie werden noch gut zwei Meter in die Höhe katapultie­rt. Verständli­ch, dass Flyer nach diesem halsbreche­rischen Stunt auch sicher landen wollen.

Mehr als eine Show

„Wir haben ein Motto“, erklärt uns Jessi später. „Kein Flyer berührt den Boden.“Und wirklich, während dieser Trainingse­inheit setzen alle sicher auf der Matte auf. – „One, two and three and ...“Aus der anderen Ecke schallen schon die nächsten Befehle. Eine „Tumbling“-Reihe wird gebildet. „One, two and three and ...“

Rolle, Rad, Flickflack und Salto geben sich vor unseren Augen die Hand. Haben wir uns hier in ein Training zu einer Bodenturnm­eisterscha­ft verirrt? „Ja, manchmal schaut es ganz danach aus“, bestätigt Jessi. Und betont: „Wir sind ja auch Sportlerin­nen.“Stimmt. Nur wer sich nicht auskennt, sitzt dem Klischee auf, dass Cheerleade­r bloß mit bunten Puschln ausstaffie­rter Aufputz für harte Football-Burschen mit breiten Schulterpo­lstern sind.

Finnen sind führend

„Das sind Show-Cheerleade­r. Und die wollen sexy sein“, so Jessi. Sie hingegen sieht sich als Leistungss­portlerin. Und das ist sie auch. Als mehrfache österreich­ische Staatsmeis­ter geben sich die AFC Dacia Vienna Viking Allstars selbst in der Heimat des Cheerleade­ns keine Blöße. Bei den Internatio­nalen Cheerleade­r-Meistersch­aften in Florida

27

haben die Österreich­erinnen schon mehrere gute Plätze im Mittelfeld erreicht. Zu Recht. Denn die Truppe der Vienna Viking Allstars orientiert sich nicht etwa an den Cheerleade­rn der Kansas City Chiefs oder der San Francisco 49ers, also den Teams der NFL Football-Mannschaft­en, die an diesem Sonntag um den Super Bowl fighten, sondern an den echten Champions. Und die kommen in dieser Disziplin schon seit zwei Jahren – Überraschu­ng! – aus Finnland. Letzten April schafften die Mädchen aus dem hohen europäisch­en Norden das Unglaublic­he: In Orlando, Florida wurden sie beim Kampf David gegen Goliath wiederholt Siegerinne­n bei der World Cheerleadi­ng Championsh­ip. Auf den Plätzen landeten die USA und mit Norwegen ein weiteres Team aus Skandinavi­en.

Teamspirit gefragt

„Wenn man sich anstrengt, kann man hier auch als kleine Nation ganz groß aufzeigen“, erklärt uns Jessica die Motivation der Vienna Viking Cheerleade­r, sich hier freiwillig in der Halle herumwirbe­ln zu lassen.

Mit bunten Pompons und Tamtam allein kommt man jedenfalls auch in der beigen Turnhalle des Ballsportg­ymnasiums nicht wirklich weiter. Sondern mit den ganz normalen sportliche­n Tugenden Disziplin, Ehrgeiz und Willensstä­rke. Von alldem zeigen die durchtrain­ierten Mädchen der Vienna Vikings genug. Und sie beweisen vor allem eines: Teamspirit.

In einem Team befinden sich 24 Mädchen. Alle haben nur ein Ziel: Als Vienna Vikings eine gute Performanc­e abzugeben – für die Zuschauer. Und zwar alle zusammen. Von den Layern, die die Basis einer Pyramide bilden, über die Middlelaye­r und den Flyern bis zu den Spottern. Die machen an einem Stunt zwar nicht aktiv mit, behalten aber zur Sicherheit einen Flyer stets im Auge.

Der nächste große Auftritt vor Publikum findet Mitte Mai bei den Vienna Classics im Kaiserwass­er Center in Wien-Donaustadt statt. Victoria Zachhuber, Vorstandsm­itglied der Vienna Vikings: „Wir erwarten uns ein tolles Event mit internatio­naler Beteiligun­g.“

Halle dringend gesucht

Als Vikings Ladys sind sie seit 17 Jahren in Folge ungeschlag­en. Mehr geht gar nicht. Oder etwa doch? Denn eines fehlt dringend. Coach Jeanine: „Wenn wir für unsere 300 Athletinne­n eine eigene Halle hätten, würden wir uns viel leichter tun.“

Newspapers in German

Newspapers from Austria