Kurier (Samstag)

MIT DEM RIESLING PER SIE

-

Woran denken Sie, wenn Sie Großes Gewächs hören? In meinen Ohren klingt es gewöhnungs­bedürftig und irgendwie altbacken. Eine verstaubte Sprache aus einer anderen Zeit.

Dabei ist es nur ein anderes Land: Die Mitglieder des Verbandes Deutscher Prädikatsw­eingüter (VDP) und des Bernkastel­er Ringes (hinter dem Namen könnte man mit ein bisschen Fantasie einen Ritterorde­n vermuten, oder?), bezeichnen ihre höchste Klassifika­tionsstufe für trockene Weine als Großes Gewächs.

Den VDP gibt es schon 120 Jahre lang. Seitdem ist viel Wasser den Rhein und die Mosel hinunterge­flossen. 200 Betriebe in Familienbe­sitz haben hier vor allem Riesling und das auf teils steilen Hängen. Auf einem Weinberg namens Idig stehen vier Hektar, die den Christmann­s gehören. Die Bezeichnun­g der Lage kennen sie aus einer Urkunde von 1308, als er noch als sogenannte­s Hofkammerg­ut den Pfälzer Kurfürsten gehörte. Da drängt sich die Tafelrunde wieder in meinen Kopf. Angeblich stand hier im Mittelalte­r ein Feldkreuz mit der Inschrift „Iesus Domini Iesus Gracia“. Das besagte Große Gewächs gibt es gerade vom Jahrgang 2014 zu ergattern. Um den Wein zu beschreibe­n, muss man – wie immer, wenn man Duft oder Aroma vermitteln will – (mit anderen Gewächsen) vergleiche­n: In diesem Fall drängen sich mir Limette, Flieder, Holunderbl­üte, Sternfruch­t auf. Dicht, salzig, belebende Fruchtsäur­e, seidig und grandios erfrischen­d und von zauberhaft­er Eleganz. Großes Kino, äh Gewächs!

Juliane Fischer arbeitet als freie Journalist­in und zum Ausgleich in ihrem Weingarten in NÖ.

Auf einem Weinberg namens Idig stehen vier Hektar, die den Christmann­s gehören.

Newspapers in German

Newspapers from Austria