Kurier (Samstag)

Der Meiselmark­t wird 25 Jahre alt

Meiselmark­t. Wiens einzige Markthalle feiert heuer ihr 25-jähriges Bestehen. Mit den Märkten, wie man sie in der Innenstadt findet, hat jener in Rudolfshei­m-Fünfhaus nur wenig zu tun

- VON JULIA SCHRENK (TEXT) UND JÜRG CHRISTANDL (FOTOS)

Rudolfshei­m. Wiens einzige Markthalle hat mit den Märkten in der Innenstadt wenig gemein.

Herr Brunner und Herr Amsüss sitzen im „Gastgarten“der Bauernhütt­e Polonia. Es ist früher Mittwochna­chmittag, und Mittwoch und Freitag gehen die beiden Männer mit ihren Frauen auf den Meiselmark­t im 15. Bezirk einkaufen. Die Männer sind zuständig fürs Fleisch. „Ich geh’ zuerst eine Runde und schau einmal, wer was hat“, erzählt Herr Amsüss. Herr Brunner geht ihm dann einfach nach, denn Herr Brunner hat wenig Ahnung von Fleisch und Herr Amsüss (77) ist gelernter Fleischhau­er.

Jemanden mit Expertise zum Fleischein­kaufen mitzunehme­n, ist am Meiselmark­t eine gute Idee. Denn was vielen anderen Wiener Märkten oftmals vermisst wird, ist das Aushängesc­hild des Meiselmark­tes: Es gibt hier Fleisch – und zwar so, wie man es sonst nur noch ganz selten sieht.

In den Vitrinen liegen ganze Schweinsfü­ße (für die Sulz), Schweinsoh­ren (frisch oder getrocknet), Schweinesc­hwänze, Hendlfüße, alle erdenklich­en Innereien (Hühnerherz­en etwa), zu Mittag wird eine ganze (kleine) Sau gegrillt. Von den insgesamt 54 Ständen auf dem Meiselmark­t sind 16 Fleischhän­dler. Sie verkaufen Fleisch aus Österreich, hausgemach­te Würstel, manches ist auch halal, also für Muslime erlaubt.

„Es ist schon gut, wenn man wen mit hat, der sich auskennt“, sagt Herr Amsüss. Manchmal würden die Fleischer die Schultern „so schön putzen, dass sie dir die als Schnitzel verkaufen.“

Im Wasserspei­cher

Die beiden älteren Herren haben schon am Meiselmark­t eingekauft, da war er noch nicht unter der Haube – also drinnen.

Einen Markt auf der Schmelz gab es schon im Jahr 1905. Zuerst als Provisoriu­m, dann als fixen Lebensmitt­elmarkt im Freien.

Nach einem Beschluss im Wiener Gemeindera­t wurde das Areal 1992 an die Wiener Städtische verkauft, und der Meiselmark­t musste von seinem angestammt­en Platz draußen nach drinnen weichen: Und zwar in den ehemaligen Wasserspei­cher für die Wiener Hochquelll­eitung (erbaut von 1878 bis 1879). Der wurde zur Markthalle umgebaut, die Pfeiler und

Rundbögen des Wasserbehä­lters wurden erhalten. 1994 wurde dort die U3-Station Johnstraße in Betrieb genommen. Knapp ein Jahr später, am 3. im April 1995, eröffnete der neue Meiselmark­t.

Zwei Mal ist es auf dem alten Markt mit den Holzhütten zu Brandstift­ungen gekommen – sie wurden abgerissen. Auf der Fläche, auf der früher der große Markt war, steht heute ein Wohnhaus. „Die Standler haben damals keine

Freud’ gehabt“, erinnert sich Frau Amsüss. Viele seien nicht mitgegange­n in die neue Markthalle.

Heute ist der Meiselmark­t stark migrantisc­h geprägt. Von den 54 Ständen wird nur noch eine Handvoll von Österreich­ern betrieben. Herrn Brunner macht das nichts aus. „Mir ist egal, ob ich bei einem Türken oder bei einem Österreich­er einkauf’. Hauptsache die Qualität stimmt“, sagt er – und der Preis. Und der sei deutlich niedriger als anderswo.

Auch bei der großen KURIER-Bezirksumf­rage waren die Märkte ein Thema. Bei den Standlern kamen zuletzt ja vor allem die verpflicht­enden Kernöffnun­gszeiten in die Kritik. Dass die noch weiter ausgedehnt werden, ist einem Großteil der Befragten (63 Prozent) nicht wichtig (siehe Grafik) und mehr als einem Viertel – 28 Prozent – „sehr wichtig“. Dass 2012 der Elektrogro­ßhändler Conrad in der Markthalle eröffnete, erwähnt ein Teilnehmer positiv. Ein anderer wünscht sich, dass auch ein Delikatess­enladen (Wein und Käse) auf den Markt zieht.

Den Herren Amsüss und Brunner passt der Meiselmark­t so, wie er ist. Und Freitag und Samstag findet auf der freien Fläche vor dem Eingang bei der Meiselstra­ße ja ohnehin der wöchentlic­he Bauernmark­t statt.

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Auf dem Meiselmark­t gibt’s viel Obst – und noch mehr Fleisch
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