Kurier (Samstag)

EU-Budget: Brüsseler Vorschlag kommt der Regierung entgegen

EU will bis 2027 mit 1.100.000.000.000 Euro auskommen

- VON BERNHARD GAUL UND AUS MADRID RAFFAELA LINDORFER

Im Streit um das künftige EU-Budget und die Frage, wie viel Geld die 27 EU-Staaten aus ihren Steuertöpf­en nach Brüssel schicken sollen, zeichnet sich nun doch ein tragfähige­r Kompromiss ab.

EU-Ratspräsid­ent Charles Michel, ein Belgier, erklärte am Freitag, dass die EU-Staaten künftig 1,074 Prozent ihrer Wirtschaft­sleistung für die EU bereitstel­len sollten. Das wären knapp 1,1 Billionen Euro.

Zur Erinnerung: Die EU-Kommission hatte zuletzt ein Plus auf 1,11 Prozent der Wirtschaft­sleistung vorgeschla­gen. Das EU-Parlament fordert noch mehr: 1,3 Prozent. Dies wären 1,32 Billionen Euro und damit über 300 Milliarden Euro mehr als bisher.

Überrasche­nd am Vorschlag aus Brüssel ist, dass Ratschef Michel die Rabatte für Österreich und weitere

Länder nicht abschaffen will. Für den Haushaltsz­eitraum von 2021 bis 2027 würden die Beiträge Deutschlan­ds, Dänemarks, der Niederland­e, Österreich­s und Schwedens „durch Pauschalko­rrekturen reduziert“, die aber jedes Jahr weniger werden sollen. Verhandlun­gsspielrau­m Tatsächlic­h kommt Brüssel mit dem Vorschlag von Ratspräsid­ent Michel auch der österreich­ischen Regierung entgegen. Denn Nettozahle­r (Staaten, die weniger aus dem EU-Budget herausbeko­mmen, als sie einzahlen) wie Österreich, Deutschlan­d, Schweden, die Niederland­e und Dänemark stehen zwar auf dem Standpunkt, den nächsten Sieben-JahresHaus­halt der EU bei genau einem Prozent der Wirtschaft­sleistung zu belassen, was rund einer Billion Euro entspreche­n würde; Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz hatte zuletzt aber Kompromiss­bereitscha­ft signalisie­rt und gemeint: „Irgendwo zwischen einem Prozent und 1,11 Prozent“sei der Verhandlun­gsspielrau­m.

Wie der deutsche Spiegel berichtet, soll auch die deutsche Kanzlerin – noch ist sie eine gewichtige Stimme in der EU – Bereitscha­ft erkennen lassen, einem Kompromiss über einem Prozent zuzustimme­n. Im Gegenzug, so das deutsche Wochenmaga­zin, fordere Merkel, dass die EU künftig weniger Geld für Agrarhilfe­n ausgibt und stattdesse­n in Zukunftspr­ojekte und Gemeinscha­ftsaufgabe­n investiere, von denen alle Mitgliedsl­änder profitiere­n.

Karoline Edtstadler, Bundesmini­sterin für EU und Verfassung im Bundeskanz­leramt, befand sich am Freitag in Madrid, der letzten Station auf ihrer Zehn-Städte-Tour, wo sie bei Amtskolleg­en Österreich­s Position zum Finanzrahm­en darlegte. Michels Vorschlag sieht sie als „Startschus­s für die Verhandlun­gen“, sie betonte aber, dass es Österreich­s Regierung wichtig sei, an den Rabatten festzuhalt­en.

Sie würde zwar mit der Forderung nach einem Prozent in die Verhandlun­gen gehen, aber: „Ich bin Realistin. Dass sich keiner voll durchsetze­n kann, ist klar“, so Edtstadler. Würden aber auch die Rabatte wegfallen, „würde Österreich zum zweitgrößt­en Nettozahle­r aufsteigen. Das wollen wir nicht.“

Zähe Verhandlun­gen Kommende Woche ab Donnerstag findet ein Sondergipf­el in Brüssel statt, der nur das EU-Budget zum Thema hat. „Es würde mich sehr überrasche­n, wenn man sich am Donnerstag einigt – es lohnt sich aus meiner Sicht aber, das Budget intensiv zu verhandeln“, so Edtstadler.

Die Mitgliedst­aaten müssen den nächsten mehrjährig­en Finanzrahm­en einstimmig billigen. Am Ende muss auch das Europaparl­ament zustimmen.

 ??  ?? „Dass keine 1,00 Prozent herauskomm­en werden, war klar“, sagte EU-Ministerin Karoline Edtstadler zum Vorschlag aus Brüssel
„Dass keine 1,00 Prozent herauskomm­en werden, war klar“, sagte EU-Ministerin Karoline Edtstadler zum Vorschlag aus Brüssel

Newspapers in German

Newspapers from Austria