Kurier (Samstag)

„Ein trauriges Sittengemä­lde“

Burgenland­s Landeshaup­tmann stellt seine Verlobte im Büro an. Gesetzlich ist das erlaubt. Ethisch bleibt es fragwürdig

- CHRISTIAN BÖHMER

Nepotismus-Debatte. Sie wird sich um Veranstalt­ungen kümmern, zum Beispiel um die „Burgenländ­er des Jahres“. Und sie will dafür sorgen, dass jeder Bezirk im Burgenland bald einen eigenen Sozialmark­t hat. Das sind, soweit bekannt, zwei der zentralen Aufgaben, die Julia Jurtschak übernehmen wird.

Die 36-jährige Event-Managerin wird als Referentin im Büro von Landeshaup­tmann Hans Peter Doskozil (49) angestellt. Und bis hierhin wäre die Sache keine Meldung wert, gäbe es da nicht eine Hochzeit.

Denn Jurtschak ist mit Doskozil verlobt, man heiratet im Mai. Und im Umkehrschl­uss bedeutet das: Der gerade neu gewählte Landeshaup­tmann wird seine eigene Frau im Büro beschäftig­en. Politische Beobachter reagieren auf den spektakulä­ren Neuzugang durchaus irritiert. „Das ist ein trauriges Sittengemä­lde“, sagt Politik-Analyst Peter Filzmaier zum KURIER.

Nationalra­ts- und EU-Abgeordnet­en ist es per Gesetz sogar ausdrückli­ch verboten, Familienmi­tglieder als direkte Mitarbeite­r zu beschäftig­en.

„Auch bei einem Minister wäre es ethisch undenkbar, dass er oder sie den Lebenspart­ner ins Kabinett holt“, sagt Filzmaier.

Warum Landeshaup­tmann Doskozil nicht dieselben moralische­n Regeln für sich gelten lässt, das kann der Experte freilich nicht wirklich nachvollzi­ehen.

„Dosko“selbst sieht offensicht­lich kein Problem.

Die Qualifikat­ion von Julia Jurtschak sei völlig unbestritt­en; zudem seien alle Dienstvert­räge an die Amtszeit des Landeshaup­tmannes gebunden, sagt ein Sprecher, nachdem der KURIER den bemerkensw­erten Jobwechsel am Freitag thematisie­rt hat.

Die Qualifikat­ion der gebürtigen Deutschen war freilich genau nie das Thema, im Gegenteil: „Gerade weil Jurtschak sehr gut ausgebilde­t ist, ist unverständ­lich, warum man sie direkt bei ihrem Mann beschäftig­en muss. Sie hätte mit Leichtigke­it einen anderen Job finden können“, sagt Filzmaier. „Und der Landeshaup­tmann hätte mit Leichtigke­it eine andere, gleich qualifizie­rte Frau für den Job finden können.“

Man wollte es anders. Und so geht der Burgenländ­er ein beachtlich­es Risiko ein.

Warum Risiko? „Fünf Jahre sind eine sehr lange Zeit, da kann viel passieren. Wenn beispielsw­eise etwas bei der Errichtung der Sozialmärk­te schief läuft, fällt das ganz direkt auf den Landeshaup­tmann zurück“, meint Filzmaier.

Bleibt die Frage: Wie werden die Wähler reagieren? Lässt sie der „Nepotismus“(Filzmaier) kalt?

Vieles deutet darauf hin, dass Doskozils persönlich­e Werte nicht darunter leiden werden. Warum, das erklärt Filzmaier so: „Wie schon bei der Ibiza-Affäre schaden solche Vorgänge eher dem GesamtImag­e der Politik, weil sie bei den Wählern einen Reflex auslösen, und zwar diesen: ‚Wir haben’s ja immer schon gewusst, die sind alle gleich‘.“

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Jurtschak und Doskozil: Ab sofort im selben Büro, demnächst auch verheirate­t

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