„Ein trauriges Sittengemälde“
Burgenlands Landeshauptmann stellt seine Verlobte im Büro an. Gesetzlich ist das erlaubt. Ethisch bleibt es fragwürdig
Nepotismus-Debatte. Sie wird sich um Veranstaltungen kümmern, zum Beispiel um die „Burgenländer des Jahres“. Und sie will dafür sorgen, dass jeder Bezirk im Burgenland bald einen eigenen Sozialmarkt hat. Das sind, soweit bekannt, zwei der zentralen Aufgaben, die Julia Jurtschak übernehmen wird.
Die 36-jährige Event-Managerin wird als Referentin im Büro von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (49) angestellt. Und bis hierhin wäre die Sache keine Meldung wert, gäbe es da nicht eine Hochzeit.
Denn Jurtschak ist mit Doskozil verlobt, man heiratet im Mai. Und im Umkehrschluss bedeutet das: Der gerade neu gewählte Landeshauptmann wird seine eigene Frau im Büro beschäftigen. Politische Beobachter reagieren auf den spektakulären Neuzugang durchaus irritiert. „Das ist ein trauriges Sittengemälde“, sagt Politik-Analyst Peter Filzmaier zum KURIER.
Nationalrats- und EU-Abgeordneten ist es per Gesetz sogar ausdrücklich verboten, Familienmitglieder als direkte Mitarbeiter zu beschäftigen.
„Auch bei einem Minister wäre es ethisch undenkbar, dass er oder sie den Lebenspartner ins Kabinett holt“, sagt Filzmaier.
Warum Landeshauptmann Doskozil nicht dieselben moralischen Regeln für sich gelten lässt, das kann der Experte freilich nicht wirklich nachvollziehen.
„Dosko“selbst sieht offensichtlich kein Problem.
Die Qualifikation von Julia Jurtschak sei völlig unbestritten; zudem seien alle Dienstverträge an die Amtszeit des Landeshauptmannes gebunden, sagt ein Sprecher, nachdem der KURIER den bemerkenswerten Jobwechsel am Freitag thematisiert hat.
Die Qualifikation der gebürtigen Deutschen war freilich genau nie das Thema, im Gegenteil: „Gerade weil Jurtschak sehr gut ausgebildet ist, ist unverständlich, warum man sie direkt bei ihrem Mann beschäftigen muss. Sie hätte mit Leichtigkeit einen anderen Job finden können“, sagt Filzmaier. „Und der Landeshauptmann hätte mit Leichtigkeit eine andere, gleich qualifizierte Frau für den Job finden können.“
Man wollte es anders. Und so geht der Burgenländer ein beachtliches Risiko ein.
Warum Risiko? „Fünf Jahre sind eine sehr lange Zeit, da kann viel passieren. Wenn beispielsweise etwas bei der Errichtung der Sozialmärkte schief läuft, fällt das ganz direkt auf den Landeshauptmann zurück“, meint Filzmaier.
Bleibt die Frage: Wie werden die Wähler reagieren? Lässt sie der „Nepotismus“(Filzmaier) kalt?
Vieles deutet darauf hin, dass Doskozils persönliche Werte nicht darunter leiden werden. Warum, das erklärt Filzmaier so: „Wie schon bei der Ibiza-Affäre schaden solche Vorgänge eher dem GesamtImage der Politik, weil sie bei den Wählern einen Reflex auslösen, und zwar diesen: ‚Wir haben’s ja immer schon gewusst, die sind alle gleich‘.“