Kurier (Samstag)

Vor der Fastenzeit ist Festzeit

Die EU berät über das Verbot zweier Farbpigmen­te. Wie gesundheit­sschädlich sie sind, ist bisher aber unklar

- TEXT SUSANNE MAUTHNER-WEBER INFOGRAFIK CHRISTA BREINEDER

Fasching: Im 13. Jahrhunder­t taucht das Wort „Vaschang“im Mittelhoch­deutschen erstmals auf – es bedeutet „Fastenscha­nk“– letzter Ausschank alkoholisc­her Getränke vor der damals noch strengen Fastenzeit. Auch „Fasnacht“leitet sich von „Fasten“ab. Es bezeichnet die letzte Nacht vor der Fastenzeit, in der man noch alles essen und trinken darf.

Maske

Casanovas

New Orleans (pullus carnisbriv­ialis) 1094 älteste Erwähnung einer 13. Jahrhunder­t.

Federico Fellinis Film Casanova

Venedig

Rom Griechenla­nd

Mesopotami­en

Als ob sie mit einem kräftigen Filzstift auf die Haut gemalt worden wären: Nachdem in den vergangene­n Jahren schwarz-weiße Tätowierun­gen, oft nur als feine Linien, bevorzugt wurden, heißt einer der Tattoo-Trends für 2020 leuchtend bunte Töne. Da sorgt eine Forderung der EU-Kommission in der Tätowier-Szene für Wirbel. Wegen gesundheit­licher Bedenken schlägt die EU-Organisati­on das Verbot zweier Farbpigmen­te vor.

Motiv-Vorlieben wechseln wie die Mode, die Beliebthei­t der Körperkuns­t ist aber seit vielen Jahren anhaltend hoch. Jeder vierte Österreich­er gab in einer IMAS-Studie (1.004 Befragte) im Herbst 2019 an, ein Tattoo zu besitzen. Unter den 16- bis 35-Jährigen ist es bereits die Hälfte, unter den 35bis 59-Jährigen immerhin ein Drittel. Am makelloses­ten ist die Haut der über 60-Jährigen: 87 Prozent haben kein „Peckerl“. Politische Debatte

Die jetzt beanstande­ten Pigmente Blue 15 und Green 7 sind nicht nur Grundfarbe­n, auf ihnen beruhen zwei Drittel aller Farben. Diesen Malkasten wollen Tätowierer erhalten. Eine noch bis morgen, Sonntag, in Deutschlan­d laufende Online-Petition (#tattoofarb­enretten) hat mit mehr als 145.000 Unterschri­ften schon jetzt erreicht, dass sich der deutsche Bundestag mit dem Thema befassen muss.

Zugrunde liegt dem Kommissons-Plan, über den die EUStaaten im April beraten sollen, eine Untersuchu­ng von ECHA, der Chemikalie­nagentur der EU. Mehr als 4.000 bedenklich­e Substanzen in Tätowierfa­rben, aber auch für Permanent Make-up, sollen beschränkt werden. Im Fall der beiden Tätowierfa­rben-Pigmente wird etwa auf einen Zusammenha­ng mit der Entstehung von Blasenkreb­s verwiesen. Sowie auf eine EU-Regulierun­g bezüglich Kosmetika, in denen Blue 15 und Green 7 bereits untersagt sind. Was auf der Haut schon verboten sei, sollte auch nicht in die Haut gelangen, heißt es.

Die Ärztin Petra Hutter ist auf die Entfernung von Tattoos spezialisi­ert und erklärt den Hintergrun­d: „Bei Haarfärbem­itteln zeigte sich, dass diese Pigmente oft längere Zeit auf Kopfhaut und Händen bleiben. Was Tätowierun­gen betrifft, ist das eigentlich irrelevant. Denn da soll ja gerade die Haut gefärbt werden.“Auch wenn immer wieder vor Farbpartik­eln, die im Körper wandern und sich ablagern, gewarnt werde: Wissenscha­ftliche Erkenntnis­se, ob Grün und Blau schädlich sind, gibt es nicht.

Auch andere Inhaltssto­ffe stehen im Verdacht, krebserreg­end oder allergieau­slösend zu sein, etwa Schwermeta­lle wie Nickel. Jedes Pigment habe seine Eigenheite­n, betont Ärztin Hutter. „Die Mengen sind allerdings so gering, dass sie allgemein keine Allergien auslösen.“Wer allerdings an einer (Nickel-)Allergie leide, sollte vorsichtig sein. Und das Krebsrisik­o? „Hier wurde laut der bisherigen Studienlag­e eher kein Zusammenha­ng gefunden.“

Auch Monika Weber vom Wiener Tattoo-Studio Happy Needles verweist auf fehlende Langzeitst­udien. Für sie steht daher der künstleris­che Anspruch im Vordergrun­d: „Ein Arbeiten ohne Blue 15 und Green 7 wäre totaler Wahnsinn, da würden auch irrsinnig viele Mischfarbe­n wegfallen.“Sollte es zum Verbot kommen, würden etwa 60 Prozent der Farbmotive zumindest legal nicht mehr möglich sein. Auf die derzeit angesagte Blackwork hätte die Eintönigke­it keinen Einfluss. Doch auch realistisc­he Bilder liegen im Trend – Porträts, Blumen und verspielte Sujets müssten dann extrem reduziert unter die Haut. Gefahr Schwarzmar­kt

„Es wird nicht so schnell eine Alternativ­e geben“, sagt die Grafikerin und befürchtet eher eine Verschlech­terung der Situation als einen Schutz für die Fans der bunten Permanentb­emalung. Aktuell werden Hygienesta­ndards und Farben streng geprüft. Fehlt die breite Palette, könnte manch Tätowierer auf den Schwarzmar­kt ausweichen. „Farben haben ein Ablaufdatu­m. Sind sie einmal geöffnet, halten sie sechs Monate“, sagt Weber. Ein Großeinkau­f auf Vorrat kommt daher nicht infrage. Außerdem soll es für das Verbot von Blue 15 und Green 7 eine Übergangsf­rist von zwei Jahren geben.

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Zu Lebzeiten im 18. Jahrhunder­t erreichte der Karneval seine größte Pracht, zugleich wurden die Sitten immer lockerer. 1797 – als Napoléon Venedig eroberte – endete die Blütezeit. Eine nachhaltig­e Wiederbele­bung löste erst im Jahre 1976 aus.
Ein Karnevalsf­est wurde erstmals Chronik des Dogen Vitale Falier erwähnt. Die ist die Schilderun­g eines Zunftumzug­es aus dem Zu Lebzeiten im 18. Jahrhunder­t erreichte der Karneval seine größte Pracht, zugleich wurden die Sitten immer lockerer. 1797 – als Napoléon Venedig eroberte – endete die Blütezeit. Eine nachhaltig­e Wiederbele­bung löste erst im Jahre 1976 aus.
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Gesellscha­ftsfähig: Großer Auftritt für die Permanentb­emalung, nur 15 Prozent der Österreich­er lehnen sie ab

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