Coronavirus trifft Brasiliens Indigene mit Wucht
Schon der zweite Gesundheitsminister trat zurück / Gesundheitsversorgung ist prekär
200.000 Kranke. Gut 11.000 Fälle binnen 24 Stunden; insgesamt mehr als 200.000 Corona-Infizierte (am sechsmeisten weltweit); mehr als 14.000 Covid-19-Tote. Die Pandemie wütet derzeit in Brasilien wie in kaum einem anderen Land – nicht zuletzt auch wegen des erratischen Krisen-Managements durch Jair Messias Bolsonaro. Der rechtspopulistische Präsident hat in der Corona-Krise mit seinem Kurs mittlerweile den zweiten Gesundheitsminister verschlissen: Nelson Teich reichte am Freitag wegen „Unvereinbarkeit“mit der Corona-Politik des Staatschefs seinen Rücktritt ein.
Fast unbemerkt trifft dieser auch die indigene Bevölkerung.
In der AmazonasMetropole Manaus gibt es mehr als 1.000 Tote. „Dort heben Bulldozer Massengräber aus, alle Intensivbetten sind voll. Aktuell sterben drei Mal so viele Menschen wie in Normalzeiten“, schildert Hans Kandler. Der Österreicher unterstützt seit 1993 indigene Gemeinschaften im tiefsten Regenwald.
„Viele Arbeiter und Studenten wollten schon länger weg aus Manaus und nach Hause – auch in unsere Projektgebiete am Oberlauf des Rio Negro. Es gab zwar Sperren und Kontrollen, doch sie haben mit selbst gecharterten Booten Nebenarme benützt – auch so kam das Virus ins Hinterland“, sagt Kandler.
Die Indigenen würden sich so gut schützen, wie es eben ginge: „Manche ziehen sich in die Wälder zurück, um sich zu isolieren. In den kleineren Städten fahren Lautsprecherwagen durch die Straßen, die Leute werden aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Und über Funk strahlen die Behörden Aufrufe bis in die entlegensten Siedlungen aus – mit dem Appell, derzeit nicht in die Städte zu kommen.“Was Kandler besonders alarmiert: „Das Gesundheitswesen gerade im Amazonasgebiet war zuvor schon miserabel, wurde unter Bolsonaro weiter ausgedünnt und ist jetzt dieser Pandemie in keiner Weise gewachsen.“