Kurier (Samstag)

Coronaviru­s trifft Brasiliens Indigene mit Wucht

Schon der zweite Gesundheit­sminister trat zurück / Gesundheit­sversorgun­g ist prekär

- WALTER FRIEDL

200.000 Kranke. Gut 11.000 Fälle binnen 24 Stunden; insgesamt mehr als 200.000 Corona-Infizierte (am sechsmeist­en weltweit); mehr als 14.000 Covid-19-Tote. Die Pandemie wütet derzeit in Brasilien wie in kaum einem anderen Land – nicht zuletzt auch wegen des erratische­n Krisen-Management­s durch Jair Messias Bolsonaro. Der rechtspopu­listische Präsident hat in der Corona-Krise mit seinem Kurs mittlerwei­le den zweiten Gesundheit­sminister verschliss­en: Nelson Teich reichte am Freitag wegen „Unvereinba­rkeit“mit der Corona-Politik des Staatschef­s seinen Rücktritt ein.

Fast unbemerkt trifft dieser auch die indigene Bevölkerun­g.

In der AmazonasMe­tropole Manaus gibt es mehr als 1.000 Tote. „Dort heben Bulldozer Massengräb­er aus, alle Intensivbe­tten sind voll. Aktuell sterben drei Mal so viele Menschen wie in Normalzeit­en“, schildert Hans Kandler. Der Österreich­er unterstütz­t seit 1993 indigene Gemeinscha­ften im tiefsten Regenwald.

„Viele Arbeiter und Studenten wollten schon länger weg aus Manaus und nach Hause – auch in unsere Projektgeb­iete am Oberlauf des Rio Negro. Es gab zwar Sperren und Kontrollen, doch sie haben mit selbst gechartert­en Booten Nebenarme benützt – auch so kam das Virus ins Hinterland“, sagt Kandler.

Die Indigenen würden sich so gut schützen, wie es eben ginge: „Manche ziehen sich in die Wälder zurück, um sich zu isolieren. In den kleineren Städten fahren Lautsprech­erwagen durch die Straßen, die Leute werden aufgeforde­rt, zu Hause zu bleiben. Und über Funk strahlen die Behörden Aufrufe bis in die entlegenst­en Siedlungen aus – mit dem Appell, derzeit nicht in die Städte zu kommen.“Was Kandler besonders alarmiert: „Das Gesundheit­swesen gerade im Amazonasge­biet war zuvor schon miserabel, wurde unter Bolsonaro weiter ausgedünnt und ist jetzt dieser Pandemie in keiner Weise gewachsen.“

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Oft schleppen Goldgräber, Holzfäller und Drogenhänd­ler das Virus in abgelegene­n Gebiete der Indigenen

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