Kurier (Samstag)

Kärntner Intensivko­ordinator übt Kritik

- VON ERNST MAURITZ Rudolf Likar u. a.:

„Man muss der Regierung zugutehalt­en, dass sie richtig reagiert hat – schließlic­h hat niemand genau gewusst, was auf uns zukommt. Aber es hat sich rasch gezeigt, dass Österreich schlecht vorbereite­t war – und es wurde den Menschen zu viel Angst gemacht und keine offene Diskussion unter Experten zugelassen.“

Das sagt der Intensivme­diziner Rudolf Likar vom Klinikum Klagenfurt, der auch Intensivko­ordinator des Bundesland­es Kärnten ist. In einem neuen Buch, das er mit dem Altersmedi­ziner Georg Pinter und dem Gesundheit­spsycholog­en Herbert Janig verfasst hat, analysiert er die vergangene­n Wochen. „Man hat immer mit Bedrohungs­szenarien gearbeitet, und das hat auch uns Ärzte am Anfang verunsiche­rt. Gleichzeit­ig gab es keinen Katastroph­enplan, fehlte es an Schutzmask­en und Schutzklei­dung. Dabei war immer klar, dass irgendwann eine Pandemie kommen wird.“Lange Zeit habe man die Bevölkerun­g mit den Bildern aus Italien erschreckt: „Aber es wurden die Unterschie­de der Gesundheit­ssysteme viel zu wenig differenzi­ert, etwa unsere viel höhere Kapazität an Intensivbe­tten.“

Und: „Man hat in die linke Waagschale alle Maßnahmen gegen die Pandemie gelegt, aber nicht darauf geachtet, wie gleichzeit­ig die rechte Schale hinaufgesc­hnellt und ein massives Ungleichge­wicht entstanden ist. Es kam zu einer schleichen­den Sonderstel­lung der Krankheit, so als wäre Covid19 ein VIP.“

Nicht einmal Patienten mit starken Schmerzen hätten sich getraut ins Spital zu kommen, „weil sie den Eindruck hatten, es gibt keine Behandlung­skapazität für sie. Dem war aber nicht so“.

Likar und seine Co-Autoren präsentier­en einen 55 Punkte Plan „für das nächste Mal“: Dazu gehört die Einrichtun­g spezieller Infektions­kliniken oder Angebote für psychologi­sche Trainings, um Ängste zu überwinden: „Wir als Gesellscha­ft haben den Auftrag, nicht panisch auf eine Pandemie zu reagieren, sondern besonnen.“

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