Kurier (Samstag)

Friedliche­s Miteinande­r im Nahen Osten war möglich

- P.P. P.P.

Avi Primor. Es hätte nicht so kommen müssen. Im Nahen Osten könnte es friedlich sein – wie vor rund 150 Jahren: Avi Primor, in den 1990ern israelisch­er Botschafte­r in Deutschlan­d, hat einen Roman auf historisch­em Fundament gebaut, der zeigt, was vor der Zeit des Hasses geschah, als Jerusalem zwar die Heilige Stadt war – aber auch ein armseliges Provinznes­t in Palästina, das damals noch zum Reich der Osmanen gehörte.

Bauen, erbauen

Drei Familien kommen im Buch zusammen: Ein jüdisches Paar, ein Paar aus dem protestant­ischen Württember­g, ein muslimisch­es Paar. Sie werden Freunde und Partner – zuerst organisier­en sie den Kutschenve­rkehr von Jaffa nach Jerusalem, dann eine Eisenbahn.

Der Glaube ist völlig egal, die Herkunft ist völlig egal, es ging darum, das Land aufzubauen und dabei erbaut zu werden.

Bis zur nächsten Generation reicht „Weit war der Himmel über Palästina“, bis ins Jahr 1947. Der Roman ist Beweis, wie sehr ein einfach gestrickte­s, „nett“geschriebe­nes Buch derart wirkungsvo­ll ist, dass man nicht von ihm lassen kann.

Edgar Allan Poe. Im Original, bevor der verhasste Fortunato in den Keller zum Fass Amontillad­o gelockt wird, hustet er: „Ugh! ugh! ugh!“

Auf Deutsch heißt es in den gängigen Ausgaben: „Er hustete, hustete, hustete.“Damit ist jetzt Schluss: Andreas Nohl hat Band zwei (von fünf Bänden), die Poes französisc­her Seelenverw­andter Baudelaire 1856 bis 1965 herausgege­ben hat, neu übersetzt, und jetzt erschrickt man, wenn man zu hören bekommt:

„Kach! kach! kach!“

Rache

„Neue unheimlich­e Geschichte­n“setzen die Modernisie­rung fort. Nohl, der zuletzt Margaret Mitchells „Vom Wind verweht“bearbeitet hatte, ärgerte sich, dass Poes Stil in jüngster Zeit im Deutschen historisie­rt, ja barockisie­rt wurde. Wer schreit denn noch: „Einmal werde ich gerächt sein!?“– „Irgendwann würde die Stunde meiner Rache kommen“klingt zeitgemäß.

Im übrigen „werde ich gleich nach dem Rasieren und einer Tasse Kaffee zu Ponnonner hinübergeh­en und mich für ein paar Hundert Jahre einbalsami­eren lassen“(aus „Streitgesp­räch mit einer Mumie“).

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Als Säufer denunziert: Edgar Allan Poe
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Aufruf zum friedliche­n Miteinande­r: Avi Primor

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