Kurier (Samstag)

Träumen, bis der Schmetterl­ing zurück ist

Nach „Der Wintersold­at“gibt es Musik für den Frieden von Daniel Mason

- P. PISA

Der Klaviersti­mmer Ihrer Majestät. Der amerikanis­che Psychiater Daniel Mason kann erzählen. Er erzählte von der Front im Winter 1914, einem Lazarett in einer Kirche, einem Medizinstu­denten und einer Krankensch­wester in Nonnentrac­ht (= „Der Wintersold­at“).

Und weil das im Vorjahr eine schöne Entdeckung war, hat der Münchner C.H. Beck Verlag jetzt auch Masons Debüt übersetzen lassen.

In „Der Klaviersti­mmer Ihrer Majestät“erzählt Mason von Musik und Krieg, von London und Birma, von Wiedehopf und Lilien. Mason war 26, als das Buch 2002 in den USA erschienen ist.

Und es ist wieder eine Geschichte,

in der man das alte Hollywood auftreten sieht. Vielleicht Glenn Ford, vielleicht Nancy Kwan (aus „Die Welt der Suzie Wong“, 1960 – sie hat übrigens in drei Tagen ihren 81. Geburtstag).

Er bleibt

1887, als Myanmar noch Birma hieß, herrschten die Engländer übers Land, aber hatten gegen Widerstand der Fürsten zu kämpfen.

In London wundert man sich über einen exzentrisc­hen Militärarz­t, der beim Verhandeln mit dem Volk der Shan Erfolg hat – indem er Gedichte vorliest. Nun verlangt er ein Klavier, einen Konzertflü­gel des Fabrikante­n Érard, und weil unter Transport und feuchtem Klima der Klang litt, verlangt er nach einem Klaviersti­mmer.

Er kommt. Und repariert das Klavier. Und spielt Bach für den Frieden. Und dieser schüchtern­e, verheirate­te, etwas langweilig­e, nicht mehr ganz junge Engländer ist nicht mehr wegzubring­en aus Birma – aus diesem Abenteuer

Daniel Mason: „Der Klaviersti­mmer Ihrer Majestät“Übersetzt von Barbara Heller. Verlag C.H.Beck. 398 Seiten. 24,70 Euro

KURIER-Wertung: āāāāā

– aus diesem Traum.

Über das Warum soll hier nichts verraten werden. Daniel Mason hat sich viel Mühe gegeben. Wenn er auch historisch wenig zu bieten hat für einen historisch­en Roman, so kennt er sich bei Menschen aus. Es hilft ihm dabei ein Glaube der Birmanen:

Das Leben wird von einem Geist bestimmt, der einem Nachtfalte­r gleicht. Ohne Falter kann der Mensch nicht leben. Nachts fliegt er aus dem Mund, und was er erlebt, das sind die Träume.

Die Gefahr ist, dass man aufwacht, bevor der Falter zurück ist. Dann ist man tot. Der Klaviersti­mmer wird mitten in seinem herrlichen Traum geweckt.

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Den „Klaviersti­mmer“schrieb Mason während des Studiums
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