Rechts-Anwälte und Frauen
Eine formelle Gründung der Terrorgruppe „Rote Armee Fraktion“gab es nicht. Als erste Aktion und damit als Geburtsstunde der RAF gilt die Befreiung von Andreas Baader am 14. Mai 1970. Der kleinkriminelle Baader und seine Lebensgefährtin Gudrun Ensslin hatten zwei Jahre zuvor in Frankfurt am Main aus Protest gegen den Vietnamkrieg zwei Kaufhäuser angezündet. Sie wurden zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.
Nach dem Prozess zunächst auf freiem Fuß tauchten Ensslin und Baader nach Ablehnung ihres Revisionsantrags unter. Baader wurde später jedoch verhaftet. Ensslin organisierte seine Befreiung. Mithilfe der Star-Journalistin Ulrike Meinhof. Meinhof hatte über den „Brandstifter-Prozess“berichtet und dabei Ensslin kennengelernt. Meinhof ist von der fanatischen, hochintellektuellen und charismatischen Pastorstochter-Tochter fasziniert und lässt sich von ihr überreden, bei der Befreiungsaktion mitzumachen. Meinhof gibt gegenüber den Behörden vor, mit dem inhaftierten Baader ein Buch über Heimzöglinge verfassen zu wollen.
Sprung aus dem Fenster
Zu diesem Zweck wird Baader an jenem 14. Mai 1970 in das „Deutsche Zentralinstitut für Soziale Fragen“in West-Berlin ausgeführt. Als Baader eintrifft, stürmen fünf Personen das Institut. Baader und seinen Befreiern gelingt die Flucht. Mit einem Sprung aus einem Fenster. Auch die Meinhof springt.
Historiker und Politologen sind sich heute weitgehend darüber einig, dass gerade Meinhofs Weg in den Untergrund viele radikalisierte Jugendliche dazu animierte, sich ebenfalls der RAF anzuschließen. Vor allem Frauen.
Schon die Befreiung Baaders weist zwei für die RAF besondere Merkmale auf. Die Rolle der Frauen und die Rolle der Anwälte. Von den fünf Tätern, die Baader befreiten, waren vier Frauen. Die erste Generation der RAF wurde eindeutig von Frauen dominiert, vor allem von Gudrun Ensslin; Andreas Baader fiel vor allem durch seine psychisch de-rangierten Ausbrüche auf.
Später ernannte Gudrun Ensslin aus dem Gefängnis heraus Brigitte Mohnhaupt zur Chefin der Terrorgruppe. Mohnhaupt stammte aus bürgerlichen Verhältnissen und schloss sich 1971 als Studentin der RAF an. Von ehemaligen RAF-Tätern wird sie als autoritäre Persönlichkeit beschrieben. Sie organisierte unter anderem die Anschläge des Terrorjahres 1977. Bis zu ihrer Festnahme1982warsieunbestritten die Befehlshaberin des deutschen Linksterrorismus’.
Der Frauenanteil in der RAF betrug damals zeitweilig 50 bis 60 Prozent. Die Ursache dafür ist für Historiker, Politologen und Psychologen bis heute ein Dauerthema. Die deutsche Historikerin Gisela Diewald-Kerkmann kommt zum Schluss: „Durch die Studentenrevolte (...) hatten die RAF-Aktivistinnen die Emanzipation als politisches Nahziel vor Augen. Und dies ließ sich in (...)Formationen wie der RAF flugs umsetzten. Anders als bei tradierten Strukturen.“
Anwälte als Genossen
Forschungsgegenstand ist mittlerweile auch die Rolle der Rechtsanwälte. Viele von ihnen sahen sich als Genossen der Terroristen. Sie schmuggelten Waffen in die Gefängnisse und Kassiber der Terroristen heraus. Sie waren damit wichtige Verbindungsleute zwischen den Insassen und den „Freiheitskämpfern“draußen. Horst Mahler, Anwalt der Kaufhausbrandstifter, organisierte mit Ensslin die Befreiung Baaders. Er zählt zu den Mitbegründern der RAF. Nach seiner Haft (1970 bis 1980) wandte er sich dem rechtsradikalen Milieu zu.
Siegfried Haag, Anwalt von Baader und Holger Meins, war der Chef der zweiten RAF-Generation, eher er 1976 verhaftet wurde. Zu den Promi-Anwälten der RAF zählte auch Otto G. Schily. Er vertrat Gudrun Ensslin. Später wurde er Mitbegründer der Grünen, ehe er zur SPD wechselte. Von 1998 bis 2005 war Schily dann Innenminister.
MR-Film-Produzent Oliver Auspitz (44) erhält heuer die ROMY International stellvertretend für die österreichischbritische Serie „Vienna Blood“.
Die Freude darüber wird massiv dadurch getrübt, dass wegen Corona Staffel 2 momentan nicht gedreht werden kann. Der Vielfach-Preisträger wünscht sich die Unterstützung von Kanzler Sebastian Kurz für die Sache des Films und der Kultur.
Am drängendsten sei eine staatliche Ausfallhaftung.
KURIER: Ulrike Lunacek ist als Kunststaatssekretärin zurückgetreten, wie von vielen in der Kulturszene gefordert. Oliver Auspitz: Wer glaubt, dass damit die Kuh vom Eis ist, der soll es lieber gleich ganz bleiben lassen. Für uns als Film-Produzenten heißt das, dass wir mit jemandem Neuen in diesem Ressort wieder ganz am Anfang oder kurz danach stehen. Wenn man emotionsfrei darauf blickt, dann wirft uns das um wenigstens vier bis fünf Wochen zurück. Das ist Zeit, die wir nicht mehr haben.
Ein Pyrrhussieg?
In Situationen wie jetzt, in denen es für alle in der Kulturbranche im übertragenen Sinn um Leben und Tod geht, fokussieren Menschen in ihrer Verzweiflung immer die schwächste Position als Schuldigen. Nichts anderes ist hier passiert. Wer sich aber jetzt ein Flascherl auf den Rücktritt öffnet, wird es nicht mehr lang schaffen, weil er nicht verstanden hat, wo die Probleme liegen. Das heißt aber nicht, dass ich die Frau Lunacek für die geeignete Besetzung gehalten habe.
Was muss aus Produzentensicht geschehen?
Ein Filmdreh wird in aller Regel gegen einen Ausfall versichert, etwa weil sich ein Schauspieler verletzt oder erkrankt und man pausieren muss. In der aktuellen Situation macht das natürlich keine Versicherung. Ohne staatliche Ausfallhaftung kann kein Produktionsunternehmen dieses Risiko eingehen. Zur Illustration: Bei „Vienna Blood“sprechen wir von