„Wie ein Rennauto, das in die Wand fährt“
Produzent Auspitz über Lunacek-Aus, Kanzler-Hilfe und Millionen
einem Budget von knapp 13 Millionen Euro. Das macht kaufmännisch keinen Sinn und wäre eigentlich fahrlässig.
Das heißt?
Ich denke, es ist der Punkt erreicht, an dem wir den Bundeskanzler selbst in aller Form darum bitten müssen, dass er sich dieses Themas persönlich annimmt. Die Filmbranche in Österreich steht für eine Wirtschaftsleistung von circa 1,4 Milliarden. Wir rennen jetzt um unser wirtschaftliches Überleben, wofür eine staatliche Ausfallhaftung, die sich auf Corona bezieht, essenziell notwendig ist. Anders als in anderen Branchen, geht es nicht um Hunderte Millionen, sondern um einen niedrigeren zweistelligen Millionenbetrag, mit dem dieser Fonds dotiert werden müsste. Die Kulturnation Österreich sollte auch weiterhin Chefsache sein.
Die SPÖ hat ein MilliardenPaket für die Kultur gefordert. Ich bin da ganz pragmatisch. Wir brauchen eher jetzt die Millionen als irgendwann vielleicht die Milliarde.
Und dann gibt es noch das nicht gerade kleine Ansteckungsrisiko beim Dreh. Es steht die Einigung mit dem Gesundheitsministerium trotz vieler Gesprächsrunden immer noch aus, wie so ein Dreh ablaufen muss, ohne dass die Behörden einschreiten. Man fängt da bei A an und kann bei Z noch nicht aufhören. Das macht ein Arbeiten komplizierter, langwieriger und dementsprechend teurer. Das heißt auch, dass ums gleiche Geld weniger produziert werden kann. Und so geht es weltweit. Die Auswirkungen von Corona reichen aber noch weiter.
Warum?
Gute, starke Filme entstehen in einer sehr familiären Atmosphäre, gegenseitiges Vertrauen ist grundlegend, da ist Zwischenmenschlichkeit, die sicher nicht bei eineinhalb Meter endet, das ist ja ein intensiver künstlerischer Schöpfungsakt. Das wird sicher durch die Art und Weise, wie künftig gearbeitet werden muss, beeinflusst – und damit auch das Ergebnis.
Was kann eigentlich der ORF jetzt tun?
So wie alle anderen großen Sender sieht auch der ORF: Es geht das frisch produzierte fiktionale Programm aus. Auf der anderen Seite gibt es hier, aber auch in
Deutschland einen verordneten Sparkurs bei den Öffentlich-Rechtlichen. Zwischen den Stühlen landen am Ende aber nicht nur Produzenten, sondern auch die Zuseher.
Wirtschaftlich sind dem ORF also die Hände gebunden.
Wir erwarten uns aber ein lautes und starkes Bekenntnis zum österreichischen Programm und Programmschaffen und eine ebensolche Forderung an die Politik, das zu ermöglichen. Sonst geht bei heimischen Produzenten der Bildschirm aus.
Zu guter Letzt: Die ROMY International für „Vienna Blood“ist Ihre vierte Statuette binnen kurzer Zeit. Langsam wird es eng im Regal.
Dafür finden wir immer Platz. Denn das ist schon eine sehr große Ehre, zumal wenn man weiß, dass zuvor nur Peter Morgan („The Crown“) diese besondere ROMY erhalten hat.
In diesen Wochen sollte „Vienna Blood 2“entstehen. Wir hätten Anfang April Drehstart gehabt und mussten drei Wochen davor abbrechen. Ein kleiner Trost: Die BBC wiederholt seit letzten Mittwoch, nur fünf Monate nach der erfolgreichen Erstausstrahlung, „Vienna Blood 1“wieder in der Prime Time.
Es sind noch mehr Ihrer Produktionen betroffen?
Das stimmt leider. „Schnell ermittelt“wurde am Tag vor Beginn des Drehs gestoppt. Das ist vergleichbar mit einem Rennauto, das maximal beschleunigt und dann mit 200 km/h in die Wand fährt. Unvorstellbar. Eine weitere Schiene unserer Firma, die den „Barbara Karlich“-Talk produziert, musste ebenfalls eine Zwangspause einlegen. Hier planen wir Mitte/Ende Juni wieder Aufzeichnungen, allerdings ohne Publikum. 23. 5. 2O2O 2O.15 UHR ORF 2