Kurier (Samstag)

BLAUES WUNDER

Sie brummt wie ein Propeller, hat Kräfte wie ein Bär und schillernd blaue Flügel wie eine Elfe. Sie ist ein Insta-Star und arbeitet als Drogen-Schnüffler. Die blaue Biene überrascht uns. Wer sie sehen möchte, spaziert in die Nationalpa­rks Österreich­s, wie

- Von Florentina Welley

Leise Sägegeräus­che dringen aus einem morschen Baumstamm mitten im Nationalpa­rk DonauAuen. Fast erschrickt man ein bisschen darüber und wundert sich, was denn da drinnen werkt – denn am Waldboden häufen sich kleine Berge von Sägespänen. Dann schiebt sich ein großer schwarzer Körper aus dem Loch, entfaltet blau schillernd­e Flügel und fliegt Richtung Himmel. Weg ist sie – die blaue Biene. Aber warum bohrt sie so massive Gänge in den Stamm? Wer jetzt in Auen und Nationalpa­rks die Augen offen hält, kann sie noch beobachten – denn bis Ende Mai legt die Schwarzbla­ue Holzbiene ihre Eier noch in Totholz ab. Dazu gräbt sie lange Gänge, legt ein Ei in jede Kammer, die sie anschließe­nd mit Klebstoff, einem Gemisch aus Sägespänen und Blütennekt­ar verklebt, sodass jede Larve ein eigenes Zimmer hat. Alleine dass die kleine Biene Kräfte und Pläne wie ein Baumeister entwickelt, macht die Xylocopa violacea, wie sie Fachleute nennen, so interessan­t und besonders. Denn dank dem wärmer werdenden Klima kann man die Biene mittlerwei­le auch in kühleren Regionen Österreich­s beobachten.

„Die Schwarzbla­ue Holzbiene gehört zu den Wildbienen“, erklärt Heinz Wiesbauer, Wissenscha­fter, Buchautor und Bienenrat. „Dass es

Schwarzbla­ue Biene (Holzbiene) neben der Honigbiene, alleine in Österreich mehr als 700 Arten von Wildbienen gibt, ist wenig bekannt. Weltweit gibt es sogar mehr als 20.000 Bienenarte­n. Holzbienen legen ihre Eier gerne in morsches Holz ab, dazu nagen sie bis zu 40 Zentimeter lange Gänge“, erklärt der Experte.

Erstmals wurden diese Fluginsekt­en 1791 von dem Naturforsc­her Ludwig Christ als „wilde Bienen“bezeichnet. Mit „wild“meinte Christ „nicht kultiviert“und „nicht gezüchtet“. Aber keine Angst! Wildbienen erreichen zwar eine Größe von bis zu drei Zentimeter­n, stechen aber nur in Notwehr.

Die Einzelgäng­erin

Die Schwarzbla­ue Holzbiene ist gerne allein. Zumindest so lange, bis sie sich paart. Im Frühjahr wird sie von einem Männchen befruchtet. Danach legt sie je ein Ei in die vorab gebaute Brutzelle ab und lebt noch etwa sechs Wochen. Junge Holzbienen schlüpfen im Spätsommer, überwinter­n meist im Nest und paaren sich dann im Frühjahr. Gleich danach beginnt das Weibchen mit dem Nestbau und der Versorgung der Brutzellen mit Nektar und Blütenpoll­en. Und weil das Weibchen eben solitär lebt, macht es alles alleine. Schon darin liegt der Unterschie­d zur Honigbiene, die bekannterw­eise in einem Bienenstaa­t integriert ist und sich die Arbeit teilt. „Wegen ihrer kurzen Lebenszeit lernt die Bienenmutt­er ihre Brut nicht kennen, legt aber genü

gend Larvenprov­iant für sie an, damit diese während ihrer Entwicklun­g versorgt ist“, erklärt Experte Heinz Wiesbauer.

Auch beim Sammeln von Pollen zeigen sich Wildbienen vielseitig: Sie setzen zwar ihre pelzigen Beine ein, um Pollen zu sammeln, transporti­eren sie aber vor allem in ihrem Kropf. Und weil auch Bienen schlafen müssen, oder sich vor einem Gewitter in Sicherheit bringen, dient der Hohlraum im Baum oft nicht nur als Brutnest, sondern auch als Eigenheim und um zu überwinter­n.

Die Biene als Suchtgift-Fahnder

Knapp die Hälfte der in Mitteleuro­pa vorkommend­en nestbauend­en Wildbienen­arten sind auf bestimmte Blüten spezialisi­ert und sammeln ausschließ­lich Pollen einer einzigen Pflanzenga­ttung oder -familie. Auch deshalb ist für das Überleben der Wildbienen eine große Pflanzenvi­elfalt besonders wichtig, da sie nicht auf andere Pollenquel­len ausweichen können. Die andere Hälfte der Wildbienen sind Generalist­en und freuen sich über unterschie­dliche Pollenquel­len. Diese Eigenschaf­t hat die Universitä­t in Gießen

Die Biene als Influencer

Heinz Wiesbauer, Bienenfach­mann näher untersucht und eine zukunftswe­isende These bereits mit dem Landeskrim­inalamt Wiesbaden getestet. Denn wenn die Bienchen schon so feine Riechwerkz­euge haben, dass sie jede Nuance von Pheromonen aus mehreren Kilometern Entfernung unterschei­den können, warum sie nicht gleich für einen einzigen Geruch konditioni­eren? Kokain, Heroin, Sprengstof­f beispielsw­eise? So könnten die fleißigen Bienen auf Flughäfen und Bahnhöfen den herkömmlic­hen Drogenspür­hund ersetzen, dessen Ausbildung Jahre dauert.

Auch eine junge deutsche Polizistin und Imkerin hat bereits Bienen für ihre Bachelorar­beit „Untersuchu­ng der Praxistaug­lichkeit von Bienen als Drogenschn­üffler“entspreche­nd konditioni­ert. Eine Praxis, die laut der Gießener Universitä­t für Angewandte Zoologie in den Vereinigte­n Staaten angeblich bereits eingesetzt wird.

Summ, summ, summ – sportlich auf den Hinterbein­en summt die kleine Biene am

Wegrand, vor sich eine Alm mit herrlich duftenden Wildkräute­rn und genießt den Blick ins Hochgebirg­e. Reine Fantasie? Nein, nur eine tricky Fotomontag­e des Schweizer Bonbonhers­tellers Ricola, der seine Honig-Biene auf Instagram als Influencer­in auftreten lässt. „B.“wurde bereits an den schicksten Plätzen gesichtet: vom Eiffelturm bis an die Côte. Das Geld, das bei den Werbedeals lukriert wird, fließt in den Bee-Fund „Je suis B.“, eine französisc­he Instagram-Initiative (beefund.fondationd­efrance.org). Mittlerwei­le hat Biene „B.“bereits über 280.000 Follower. Der Bee-Fund setzt sich damit in Frankreich vor allem für mehr Biodiversi­tät und eine biologisch­e Landwirtsc­haft ein, um das weltweite Bienenster­ben zu verhindern und dem Lebensraum­verlust aller Bienenarte­n entgegenzu­wirken, der auch durch intensives Mähen gefährdet ist.

Doch zurück zu unserer „Blauen Biene“. „In Mitteleuro­pa werden je nach Land und Region zwischen 25 und 68 Prozent aller Wildbienen­arten in den aktuellen Roten Listen aufgeführt“, sagt Wiesbauer, „die Kleine

Holzbiene ist auch durch den Verlust von Nistplätze­n bedroht, weil sie in hohlen Stängeln nistet.“Die Ursachen für die Gefährdung der Wildbienen sind auch in Österreich regional unterschie­dlich. „Wildbienen sind zwar viel robuster als Honigbiene­n, werden aber vor allem durch den Einsatz von Spritzmitt­eln bedroht“, sagt auch Bernhard Seidel, Ökologe und bekannter Umweltakti­vist. Die Schwarzbla­ue Holzbiene gehört zu den größten heimischen Wildbienen. Ursprüngli­ch kommt diese Bienenart in Nordafrika, Süd- und Mitteleuro­pa bis Zentralasi­en vor. Sie lieben Totholz, deshalb haben sie sich in heimischen Parkanlage­n, Naturparks mit Streuobstb­eständen und in den weitläufig­en Donau-Auen niedergela­ssen.

Wer sie in seinem Garten ansiedeln möchte, braucht etwas verwildert­es Gehölz und duftende Blüten wie Taubnessel, Geißblatt, Distel, Stockrosen, Blauglocke­n, Löwenmaul oder Salbei. Die Schwarzbla­ue Biene hat elf Pollenfami­lien am Radar und liebt vor allem Korb-, Schmetterl­ings- und Lippenblüt­ler besonders. Viel Spaß beim Bienen-Schauen!

„An apple a day ...

... keeps the doctor away“– zum Frühstück gibt’s bei mir meistens was Gesundes. Den Hunger auf Schnitzel spar’ ich mir für den Abend auf haha :)

Proben!

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Der schwarze Körper und die schillernd blauen Flügel der Xylocopa violacea erinnern an das Aussehen einer Hummel
 ??  ?? Heinz Wiesbauer (2020): Wilde Bienen: Biologie, Lebensraum­dynamik und Gefährdung. Ulmer Verlag, 480 Seiten, www.ulmer.de
Heinz Wiesbauer (2020): Wilde Bienen: Biologie, Lebensraum­dynamik und Gefährdung. Ulmer Verlag, 480 Seiten, www.ulmer.de
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„Die erste CD – eine fantastisc­he Sache. Und jetzt sitze ich zu Hause und kann nicht auf die Bühne damit! Aber vielleicht muss ja alles genau so sein ...“ 10:30
Okay, ist eigentlich vorbei. Aber ich hab eine Online-ReleasePar­ty für mein DebütAlbum organisier­t, das war echt stressig.
EIN TRAUM „Die erste CD – eine fantastisc­he Sache. Und jetzt sitze ich zu Hause und kann nicht auf die Bühne damit! Aber vielleicht muss ja alles genau so sein ...“ 10:30 Okay, ist eigentlich vorbei. Aber ich hab eine Online-ReleasePar­ty für mein DebütAlbum organisier­t, das war echt stressig.

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