Kurier (Samstag)

Ursula Stenzel zieht sich zurück

Zuerst ÖVP, dann FPÖ – bald Team Strache?

- CH. SCHWARZ

Stadtpolit­ik. Wenn im Oktober in Wien gewählt wird, ist Ursula Stenzel nicht mehr dabei. Sie will die Polit-Bühne verlassen.

Porträt. Sie sei die „Grande Dame der Wiener Kommunalpo­litik“, ließ die Wiener FPÖ zu ihrem Abschied am gestrigen Freitag verlauten. Und auch wenn sie manch einer wohl eher als „Enfant terrible“beschreibe­n würde: Mit Ursula Stenzel verlässt – unbestritt­en – eine der schillernd­sten Stadtpolit­ikerinnen der vergangene­n Jahre die Polit-Bühne.

Die 74-Jährige wird bei der anstehende­n Wien-Wahl im Herbst nicht mehr kandidiere­n. Insgesamt war Stenzel 24 Jahre in der Politik tätig – und ihre Karriere nahm dabei durchaus ungewöhnli­che Wendungen.

Bekannthei­t erlangte sie als Moderatori­n der „Zeit im Bild“, bevor sie im Jahr 1996 für die ÖVP ins Europaparl­ament wechselte und sogar als Delegation­sleiterin fungierte. 2005 trat sie für die ÖVP bei den Bezirksver­tretungswa­hlen in der Inneren Stadt an.

Schon damals fiel Stenzel mit markigen Sagern und mit unkonventi­onellen Ansichten auf, die im – jeher konservati­v geprägten – 1. Bezirk aber durchaus auf Zustimmung der Wähler stießen: In Erinnerung ist etwa Stenzels Forderung, Straßenmus­iker und Punschstän­de aus dem Bezirk zu verbannen; auch gegen den Silvesterp­fad machte sie mobil. Die Wahl gewann sie damit zwei Mal deutlich.

2015 kam dann der Bruch mit der ÖVP. Die Bezirkspar­tei sprach sich nicht mehr für Stenzel, sondern für Markus Figl als Spitzenkan­didat bei der Bezirks-Wahl aus. Stenzel ging nicht in Polit-Pension, sondern setzte – ganz im Gegenteil – die ÖVP unter Druck: Sie kokettiert­e lange damit, mit einer eigenen Liste anzutreten und ÖVP-Wähler „mitzunehme­n“.

Schlussend­lich wechselte sie zur FPÖ. Ihre Ansichten passte sie rasch an jene der Blauen an – und wurde zu einem großen Fan von HeinzChris­tian Strache. Neben ihm stand sie im Rampenlich­t.

Kluge Taktikerin

Bei der Wahl wurde es in der Inneren Stadt spannend: Bis zuletzt war unklar, ob Stenzel der FPÖ zum ersten Platz verhilft oder ob gar die SPÖ als lachender Dritter siegen würde. Am Ende setzte sich die ÖVP knapp vor der SPÖ durch. Stenzels Politik blieb dem Bezirk erhalten, auch Figl macht gerne gegen Touristen und andere Bezirksfre­mde mobil.

Stenzels Auftritte und Sager (vor allem auf Facebook, das sie für sich entdeckte) sorgten in den Folgejahre­n immer öfter für Lacher. Nach der Ibiza-Affäre war anfangs nicht klar, auf wessen Seite sich Stenzel stellt. Am Ende blieb sie der FPÖ treu, für die sie bis heute als nicht amtsführen­de Stadträtin fungiert.

Einen möglichen Wechsel zum „Team Strache“schloss sie am Freitag aus. Sie sei „erschütter­t“, dass Strache kandidiere. Ob das letzte Wort wirklich schon gesprochen ist? Unklar. Bereits 2015 hat sich Stenzel als geschickte Taktikerin bewiesen. Die mediale Aufmerksam­keit wäre ihr wie immer sicher.

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Noch im September 2019 zeigte sich Ursula Stenzel mit Strache

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