Kurier (Samstag)

Österreich-Rabatt gegen Aufbauhilf­e

Intensive Gespräche über EU-Finanzen Politik von innen

- DANIELA KITTNER

Am kommenden Mittwoch werden EUKommissi­onspräside­ntin Ursula von der Leyen und EU-Haushaltsk­ommissar Johannes Hahn in Brüssel einen wichtigen Auftritt haben: Sie werden die Pläne der Kommission für die Wiederauf bauhilfe in Europa präzisiere­n.

Erstmals soll die EUKommissi­on Schulden aufnehmen dürfen – das haben die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron vorgeschla­gen. Die beiden sprechen von 500 Milliarden für einen zeitlich begrenzten und zweckgeric­hteten „Recovery Fund“. Die EUStaaten sollen zwar für die Anleihen garantiere­n, „aber es wird sich um europäisch­es Geld handeln, das von der EU-Kommission verteilt wird und dessen Verteilung vom EUParlamen­t kontrollie­rt wird“, sagt ÖVP-Europapoli­tiker Othmar Karas.

Laut Informatio­nen aus der EU-Kommission sollen die 500 Milliarden für zwei Schwerpunk­te vergeben werden:

Als Überlebens­hilfe für besonders von der Krise betroffene Branchen wie dem Tourismus; zusätzlich sollen Betriebe gerettet werden, die für innereurop­äische Produktion­sketten essenziell sind.

Als Investitio­nshilfe für besonders von der Krise betroffene Staaten oder Regionen. Diese Investitio­nen sollen strategisc­hen Zielen dienen, zum Beispiel dem Klimaschut­z, der Digitalisi­erung oder dem Gesundheit­sschutz.

Es ist also denkbar, dass österreich­ische Tourismusb­etriebe eine Überlebens­hilfe bekommen, oder Italien einen Kredit für eine Verbesseru­ng seines Gesundheit­ssystems erhält, heißt es in Kommission­skreisen.

Kanzler Sebastian Kurz sträubt sich – ebenso wie Schweden, Niederland­e und Dänemark – gegen die EU-Kreditfina­nzierung, für die alle EU-Staaten gemäß ihrer Wirtschaft­skraft haften sollen. Die „sparsamen Vier“könnten von Brüssel ein Zuckerl für ihre Zustimmung bekommen, nämlich einen Rabatt auf den Mitgliedsb­eitrag. Österreich­s Rabatt von zuletzt 110 Millionen Euro war an den Britenraba­tt geknüpft – aber ohne Briten gibt es auch keinen Rabatt mehr. Dieser könnte nun aus einem anderen Titel kommen und sogar etwas anwachsen, weil die Niederland­e, Dänemark, Schweden und Deutschlan­d auch Rabatte bekommen, die nicht an den Britenraba­tt geknüpft sind.

Dem KURIER wird in Brüssel bestätigt, dass die Debatte über einen Rabatt für Österreich läuft. Ursprüngli­ch wollte die Kommission die Rabatte mit dem Brexit auslaufen lassen, habe aber umgedacht, heißt es.

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Die erstmalige Kreditfina­nzierung des EUHaushalt­s soll nach dem Willen des EU-Parlaments eine dauerhafte Vertiefung der Union bringen.

Und zwar so: Derzeit darf der EU-Haushalt nicht mehr als 1,24 Prozent der Wirtschaft­sleistung der EU-Staaten betragen. Dieser Rahmen muss nun auf 2 Prozent erhöht werden, sonst bringt man den Recovery-Fund zusätzlich zum siebenjähr­igen Finanzrahm­en nicht unter. Diese Erlaubnis, dass der EU-Haushalt zwei Prozent des EU-BIP betragen darf, soll laut Vorstellun­g des EU-Parlaments dauerhaft erteilt werden. Karas: „Die Mitgliedst­aaten haben die europäisch­en Institutio­nen zu Bittstelle­rn gemacht, indem sie sie finanziell an die Kandare nahmen. Jetzt ist es Zeit für eine Neuordnung der EU. Jetzt sollte man der Union dauerhaft erlauben, sich über Eigenmitte­l zu finanziere­n, zum Beispiel über eine Digitalste­uer oder über eine Kohlendiox­idabgabe.“

Spätestens bei einem Sondergipf­el im Juli – unter deutscher Präsidents­chaft – will die Kommission den Recovery-Fund und den nächsten EUHaushalt in trockenen Tüchern haben.

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Haushaltsk­ommissar Johannes Hahn, Präsidenti­n Ursula von der Leyen: Heikle Finanzverh­andlungen mit EU-Staaten
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